Die Geschichte vom Kaisermantel

Ich trage einen schönen Namen, den einst mein Vorfahr sich ersann. Ein wenig fällt er aus dem Rahmen, doch sagt er aus, was er gewann.



Als junger Bursche wohnte gar
mein Vorfahr in des Kaisers Garten,
doch weil er grau und farblos war,
sah man ihn kaum, ließ ihn oft warten.

Voll Traurigkeit und voller Scham
flog mutlos er umher und klagte,
dass selbst der Kaiser es vernahm,
was dieser Arme da so sagte:

"Ach, welcher Glanz und welche Pracht.
Sind alle hier in feinstem Kleide,
nur keiner hat an mich gedacht,
bin niemandem 'ne Augenweide."

Das dauerte den Kaiser sehr,
so hat zu helfen er entschieden:
"Ich geb' dir meinen Mantel her,
damit hier Ruhe herrscht und Frieden."

"Ach, lieber Kaiser, das geht nicht,
zu groß wird mir dein Mantel sein,
Doch magst du mir, dem armen Wicht,
die Farben schenken, das wär' fein."

Des Kaisers Maler wurd' befohlen -
er nannte sich Pablo Picantel -
zu malen braun und schwarz wie Kohlen
die Flügel wie des Kaisers Mantel.

Mit bunter Farbe, tief beglückt,
fand er ein Weibchen hübsch und schlau,
die war von ihm gar sehr entzückt.
So war das mal, ja, ja, genau!

Sie fragte ihn, wie denn sein Name
und wo er wohne, ob er frei.
Voll Stolz sprach er zur Herzensdame,
dass er Herr Kaisermantel sei.

Bald drauf wurd' Hochzeit schon gehalten,
das Glück war wie der Schnee so rein.
"Auch wenn ich alt bin und voll Falten",
sprach sie, "will immer bei dir sein."

Und alle Nachfahr'n, die geboren,
war'n auch so bunt, sah'n grad so aus,
die Farben gingen nie verloren,
da knabbert dran auch keine Maus.

Der Name Kaisermantel galt dann
für alle Kinder, sonnenklar,
und die Geschichte, die erzählt man
sich immer wieder, Jahr für Jahr!

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