Die Welt endet nicht an der nächsten Flussbiegung

Zum Kommentar "Glanz und Elend des Moselweins" (TV vom 8. Oktober):

In diesem Leitartikel ist der Schlussabsatz überaus bemerkenswert. "Die Champagner-Winzer", schreibt Winfried Simon, "haben es längst geschafft, ihr Gebiet als einzigartig zu profilieren und zu vermarkten. Wenn das der Mosel doch nur auch gelingen könnte ..."

Die Antwort auf diesen Stoßseufzer lautet, frei nach Bill Clinton: "It's the mentality, stupid!" Soll heißen: Der Moselaner ist für jede Art von Gemeinsinn und Solidarität - ganz gleich, auf welchem Gebiet - in höchstem Maße untalentiert. Der Grund ist klar: Für den Talbewohner war jahrhundertelang die Welt - seine Welt! - an der nächsten Flussbiegung zu Ende. Was dahinter kam, war - und ist heute noch - Ausland, feindliches Ausland! Dafür gibt es viele Beispiele, angefangen bei der Bockbeinigkeit etlicher Moselgemeinden, im Zuge der Kommunalreform mit Nachbarkommunen zu kooperieren, bis hin zu den Schwierigkeiten bei der Etablierung einer schlagkräftigen Dachmarke. Ein besonders markanter Beweis für diesen eklatanten Mangel an Solidarität wurde kürzlich vom Schreiber eines Leserbriefs geliefert. Da trommelte ein Kröver lautstark für den geplanten Hochmoselübergang bei Ürzig/Zeltingen, ein Bauwerk, das - beweisbar - für die Mosel ein einziges Desaster zu werden droht. Einmal unterstellt, dass der Trommler die eindringliche Warnung des Europäischen Tourismusinstituts Trier (ETI) vor schmerzlichen Einbußen im Touristiksektor - vor allem im Sichtbereich des Betonmonsters - kennt, gibt es nur eine Erklärung für dieses dezidiert unsolidarische Verhalten des Krövers: die listige "Erkenntnis" nämlich, dass dann die Touristen einfach auf Rachtig, Erden und Kinheim pfeifen und Kröv ansteuern. Und dass sie dann statt Zeltinger Himmelreich Kröver Nacktarsch kaufen! Allerdings könnte sich dieser Klein-Geist, wie etliche andere seiner Sinnesart, gewaltig in die Finger geschnitten haben. Dann nämlich, wenn die Unesco der Mosel den erstrebten Welterbe-Titel wegen genau dieser Brücke versagt. In diesem Fall träfe der exorbitante Schaden alle Bewohner und alle Gemeinden im Tal - auch und nicht zuletzt Kröv!

Helmut Körlings, Traben-Trarbach

weinwirtschaft

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort