Eine Zensur findet nicht statt

Wir laden Sie, liebe Leserin, lieber Leser, zum Dialog ein. Sagen Sie uns Ihre Meinung! Das Motto: Leser fragen - die Chefredaktion antwortet.

Dr. Felix Kandels aus Bitburg schreibt: Nach meiner Pensionierung war ich in vielen Erzählungen, vier Gedichtbänden, mehreren Theaterstücken und ungezählten Lesungen um den Erhalt unseres moselfränkischen Dialekts bemüht. Nur unser leider etwas einseitig gestrickter "Trierischer Volksfreund" scheint meine Sprache nicht zu verstehen, so dass meine vier letzten Leserbriefe Ihrer Zensur unterlagen. Dabei war der letzte eine längst überfällige, kritische, fachkompetente Stellungnahme unserer Gesundheitsbehörde gegenüber. Diese Ihren Lesern vorzuenthalten, ist ein Armutszeugnis.Lieber Herr Dr. Kandels,vielen Dank für Ihr Schreiben. Sie sprechen ein Thema an, mit dem wir immer wieder konfrontiert werden: Zensur! Der Vorwurf: Leserbriefe werden nicht abgedruckt, weil die Redaktion unliebsame Meinungen aus politischen oder anderen Gründen unterdrücken möchte. Ich versichere Ihnen: Eine Zensur findet nicht statt. Nie war die Zahl der im TV abgedruckten Leserbriefe höher, nie war die Bandbreite der - teils deftig formulierten - Kritik größer. Und doch: Nicht alle Zuschriften werden veröffentlicht. Warum? Die Zahl der Einsendungen ist weitaus höher als die Kapazität an Leserseiten, so dass wir eine Auswahl treffen müssen. Damit viele Autoren zu Wort kommen, bitten wir, kurz und prägnant zu formulieren. Zudem werden Zuschriften abgelehnt, die juristische Vorgaben verletzen. Die Meinung ist frei, doch falsche Tatsachenbehauptungen oder unbewiesene Vermutungen dürfen nicht verbreitet werden. Das heißt, auch für Leserbriefe: Fakten, Fakten, Fakten - die einer Überprüfung standhalten. Tabu sind politisch radikale Zuschriften sowie ehrverletzende "Schmähkritiken". Eine solche hat das Bundesverfassungsgericht etwa in der Behauptung gesehen, Heinrich Böll sei "ein steindummer, kenntnisloser, talentfreier Autor, auch einer der verlogensten, ja korruptesten". Er sei "ein teils pathologischer, teils harmloser Knallkopf"; seine Werke seien häufig "widerwärtiger Dreck" (vgl. BVerfG NJW 1993, 1462). Solche Extreme sind selten. Aber auch beim TV gehen Zuschriften ein, die "nicht abdruckfähig" sind. Zu dieser Kategorie zählen wir Sie, lieber Herr Dr. Kandels, selbstverständlich nicht, wie die Veröffentlichung einer Reihe Ihrer Briefe in den vergangenen Jahren beweist. Sie sind herzlich eingeladen, sich weiter am spannenden Diskurs auf den Leserbrief-Seiten zu beteiligen. Eine Garantie auf Abdruck gibt es freilich nicht. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!Peter Reinhart, stellvertretender ChefredakteurFragen zur Zeitung? Lob, Kritik, Anregungen?E-Mail: forum@volksfreund.deBrief oder Postkarte:Trierischer Volksfreund, ForumHanns-Martin-Schleyer-Str. 854294 Trier

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