Einfach mal auf den Putz hauen

Zum Protest der Milchbauern:

Die Milchbauern protestieren wieder. Alle Versuche, am Verhandlungstisch eine Einigung zu erzielen, scheinen zu scheitern. Die Bauernvertreter empfinden den neu geschaffenen Milchfonds als zu niedrig und sehen ihre Existenz als gefährdet an. Ich möchte mir gar nicht anmaßen, die Forderungen der Milchbauern zu bewerten, aus der Ferne betrachtet verdienen sie unter dem Strich wirklich zu wenig an der Milch, die sie verkaufen.

Was ich allerdings als befremdlich empfinde, ist die Art des Protestes, die meiner Meinung nach der Sache der Bauern nicht dienlich ist. Warum zum Beispiel die Luxemburger Ordnungshüter mit Eiern und Milch beworfen werden mussten, ist mir ein Rätsel. Es erweckt den Anschein, dass viele eigentlich nur Krawall schlagen wollten und nicht von Existenzängsten getrieben auf die Straße gingen. Verstärkt wird dieser Eindruck, wenn ich lese, dass einige wie für einen Vatertagsausflug ausgestattet (Grillgut, Bier, gute Laune) auf den Protestzug gingen. Also: Proteste wegen Existenzgefährdung oder einfach mal auf den Putz hauen?

Am schlimmsten ist jedoch die unsägliche Wortwahl des Saarburger Landwirts Johann Hirt. Von "Völkermord" zu sprechen, ist doch mindestens stark übertrieben, auch wenn die beschriebenen Einzelschicksale ohne Zweifel tragisch sind. Herr Hirt sollte mal im Wörterbuch unter "Völkermord" nachschlagen, um noch mal das richtige Maß zu finden. Es kann auch nicht "kämpfen oder sterben" heißen, wir sind hier nicht im Mittelalter. Kein Milchbauer wird den Hungertod sterben, am allerwenigsten übrigens Herr Hirt. Noch mal, auch meiner Meinung nach sollten die Bauern am Milchverkauf mehr verdienen. Wenn ihre Vertreter jedoch derart verbal übers Ziel hinausschießen und mit ihrer Wortwahl die Situation unzulässig eskalieren lassen, dürfen sie sich nicht wundern, dass die Menschen ihre Proteste für übertrieben halten.

Torsten Brittnacher, Koblenz

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