Einmarsch der Alliierten
Ich bin seit 1964 verheiratet und wohne seither in Platten, dennoch habe ich nach 70 Jahren nicht vergessen, wie die Alliierten damals am 12. März 1945 in Kinderbeuern einmarschierten. Wir waren noch Kinder, jedoch waren diese Erlebnisse derart prägend, dass das Miterlebte für mich nicht in Vergessenheit geraten ist.
Unser Vater, Nikolaus Ehlen, war zu der Zeit, bevor die Amerikaner im Zweiten Weltkrieg bei uns einmarschierten, einige Jahre Ortsgruppenleiter. Es wurde oftmals viel von ihm verlangt. Wenn es um Entscheidungen ging, die die Bürger Kinderbeuerns betrafen, hat er zum Wohle der Bürger Kinderbeuerns seine Meinung ohne Ängste hinsichtlich persönlicher Konsequenzen gegenüber Dritten vertreten und letztlich auch durchgesetzt. Beispielsweise teilte man ihm mit, es müsse eine Funkstelle auf unserem Haus errichtet werden und bestand auf deren Umsetzung.
Mein Vater gab unmissverständlich zu verstehen, dass er dies nicht zulassen werde, denn die Folgen und die Gefahren für die Bürger infolge einer innerörtlichen Funkstation seien aus der Vergangenheit bekannt. So wurde Kinderbeuern nicht bombardiert und den Bürgern viel Leid erspart. Leider hatte man dies damals beispielsweise in Platten nicht erkannt bzw. verhindern können.
Es kam der 12. März 1945. Wir hatten schon einige Tage unser Nachtquartier im Keller bezogen. Es war Sonntagabend des 11. März. Spätabends klopfte es an der Tür. Mein Vater öffnete. Es standen zwei deutsche Offiziere vor der Tür und verlangten nach meinem Vater als zuständigem Ortsgruppenleiter. Sie wiesen auf den nächsten Tag hin, also auf Montag, den 12. März. Es stand offensichtlich der Einzug der Amerikaner an, und Kinderbeuern werde bis auf das letzte Haus verteidigt. Danach würde man die Brücke im Dorf sprengen.
Unser Vater widersprach dem Vorhaben aufs Äußerste. Wir hörten harte und lautstarke Worte von beiden Seiten. Er gab ihnen zu verstehen, dass zwei Tage zuvor im Nachbarort Bausendorf die Brücke gesprengt worden sei. Daraufhin sei es zu schweren Kämpfen gekommen, bei denen mehr als 20 deutsche Soldaten fielen. Die Kinderbeuerner Brücke rette die Wehrmacht auch nicht mehr. Die beiden Offiziere schienen überzeugt und sind, ohne ihr Vorhaben umzusetzen, gegangen. So hat unser Vater sich letztlich neben zahlreichen anderen Taten zum Wohle der Ortsgemeinde Kinderbeuern durchgesetzt und den Kinderbeuerner Bürgern die Brücke erhalten.
Wir können unseren Vater Nikolaus Ehlen guten Gewissens in einem ehrenden Andenken wahren, da er sich als Mensch zum Wohle der Bürger redlich verdient gemacht hat.