FLUGZEUGABSTURZ

Zur Berichterstattung über den Absturz der Germanwings-Maschine:

Natürlich ist eine Betroffenheit in der Region, im Land und auf der Welt spürbar. Es ist auch klar, dass ein Dürsten nach Information besteht und die Menschen Antworten auf die Fragen nach dem "Warum" suchen. Aber ich möchte auch mal kritisch auf die aktuelle Berichterstattung blicken. Seit dem Unglück befinde ich mich medial in einer Spirale des Betroffenheitsjournalismus. Natürlich handelt es sich um ein Unglück direkt vor der Haustür und nicht in einem abgelegenen Krisengebiet auf dieser Welt. Aber der Schmerz, die Wut, die Trauer, das Suchen nach Antworten ist bei solchen Geschehnissen überall gleich. Ob in Haltern, Montabaur, Spanien oder aber in Syrien und Afrika, überall bleiben Fragen offen und die Angehörigen mit dem eigenen Schmerz zurück. Ich würde mir wünschen, dass wir die Maßstäbe in der Berichterstattung zumindest versuchen, gleich anzulegen. Ich will nicht, dass der Eindruck entsteht, dass 150 tote Menschen in Europa "mehr wert" sind als Tausende in aller Welt. Denn die großen Krisengebiete, mit denen Nachrichtensendungen die letzten Monate meist begonnen haben, sind nun nur noch eine Randnotiz. Diese Entwicklung gefällt mir nicht. Eines noch zum Abschluss: Ein Journalist im Radio stellte die Frage: "Steckt hinter dieser Tragödie auch noch ein Skandal?" Solche Fragen überhaupt aufzuwerfen und dann noch zu einem Zeitpunkt, in dem die einzige Klarheit über das Geschehen die Unklarheit ist, zeigt ganz gut, wie unser Betroffenheitsjournalismus schnell in Sensationsgier umschlagen kann. Es scheint mir für die Journalisten zurzeit ein sehr schmaler Grad zu sein, auf dem Berichterstattung abläuft. Ich wünsche dieser Berufsgruppe von ganzem Herzen, diesen nicht zu verlassen! Michael Molitor, Niederstadtfeld

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