Finanzen

Zur Berichterstattung über die Griechenland-Krise, zur Rolle der deutschen Politiker und zu den Folgen für Europa und den Euro diese Meinungen:

Wer bei dem Brüsseler Kompromiss von der "Rettung" Griechenlands spricht, betrügt sich selbst. Er beinhaltet zwei gravierende Fehler: erstens die Fortsetzung der gescheiterten neoliberalen Ideologie vom Sanieren durch plumpes Sparen an der falschen Stelle und zweitens der Vorrang nationaler Interessen vor dem Aufbau einer echten, solidarischen EU. Die neuen Milliardenkredite als Hilfe für die Griechen zu bezeichnen, ist zynisch, denn sie dienen vor allem der Rückzahlung alter Kredite. Zulasten der ärmeren Schichten ("Sparpakete") verdienen - gemäß der neoliberalen Ideologie - die Kreditgeber. Griechenland könnte allerdings nur geholfen werden durch einen radikalen Schuldenschnitt, den der Internationale Währungsfonds (IWF) seit 2010 mehrfach forderte, plus einem "New Deal", also einer Art Marshallplan. Genau darauf basierten griechische Vorschläge; sie wurden aber brutal abgelehnt und gefordert, erst mal die "Hausaufgaben" zu machen, sprich die in die Verelendung großer Teile der griechischen Bevölkerung führende neoliberale Austeritätspolitik fortzuführen, die führende US-Ökonomen und Politiker zu Recht als Irrsinn bezeichnen. Da Tsipras die "Hausaufgaben" verweigerte, hieß es, er habe das Vertrauen verspielt. Seine mit der SPD und der Union verschwisterten Vorgängerregierungen haben die paradiesischen Zustände für Steuerhinterziehung geduldet oder gefördert, ohne sich entsprechende Vorwürfe anhören zu müssen. Richtig ist, dass Athen den Staat handlungsfähig machen muss. Aber die Schuldigen an der Misere sind seine Vorgänger sowie auch die Gläubiger, die an der Geldverschwendung verdienten, auch Deutschland. Alle tragen Mitverantwortung. Dieser gerecht zu werden läge im Interesse eines stabilen Euro und auch Deutschlands, das als Exportnation am meisten vom Euro profitiert. Statt weiterhin auf die falsche neoliberale Medizin zu setzen, müssten deshalb Investitionen in die Infrastruktur (regenerative Energien, Wind und Sonne gibt's zur Genüge), in die Wiederbelebung der Wirtschaft und in den Aufbau eines vernünftigen Staatswesens erfolgen. Norbert Bogerts, Welschbillig Die Rechnung zahlt letztendlich ja doch wieder der Steuerzahler. Drum lasst uns doch auch einmal abstimmen, wie die Griechen zuvor. Einfache Frage: Noch mehr Milliarden Euro für Griechenland? Ja oder Nein? Was dabei wohl herauskommen würde? Hans-Dieter Heinen, Trier Aufgrund von Großmachtgelüsten wurden Staaten in die EU aufgenommen, welche die Aufnahmekriterien in vielen Punkten nicht erfüllten. Hauptsache das Gebilde Europa wächst so schnell wie möglich, bevor der Osten es wieder tut. Die jetzige finanzielle Lage Griechenlands ist nur die Fortsetzung einer falschen Politik aus Brüssel, die von Einheit und freundlicher Zusammenarbeit träumt. Wer das jedoch alles bezahlen soll, das wurde einfach mal abgewartet, im Notfall springt der Steuerzahler dann schon ein. Griechenland hat die finanziellen Aufnahmekriterien nie erfüllt. Aber wer wachsen will, sieht über "kleine" Ungereimtheiten gerne hinweg. Eine wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa macht durchaus Sinn, aber verschiedene Kulturen politisch zu binden hat noch nie funktioniert. Einige naive EU-Parlamentarier scheinen dies immer noch nicht begriffen zu haben. Die Geschichte über alle Jahrhunderte hinweg würde ihnen die Augen öffnen. Griechenland ist leider der traurige Anfang. René Schenten, Trier Das Geld für das dritte Hilfspaket an Griechenland ist genauso verloren wie das der beiden ersten zwei Hilfspakete. Ministerpräsident Tsipras hat die Vereinbarung nur deswegen unterschrieben, weil er unter Druck stand und keinen Ausweg mehr sah. Wer sich eine Woche zuvor ein Votum von seinem Volk gegen die Vorschläge der EU einholt und daraufhin ein freudiges Fest in Athen feiert, die EU-Verantwortlichen öffentlich beschimpft und tags darauf nach Brüssel fährt, um neue Verhandlungen über Notkredite und Schuldenerlass zu führen, dem ist nicht zu trauen. Alle bisherigen griechischen Regierungen, einschließlich der von Herrn Tsipras, haben Europa in puncto Wirtschaftlichkeit, Korruption und Staatsverschuldung massiv hinters Licht geführt. Dies wird sich auch in Zukunft nicht ändern, solange keine ehrlichen Politiker die Regierungsgeschäfte übernehmen. In den vergangenen sechs Monaten wurde von Griechen wie von Ausländern, die lange in Griechenland wohnen, über das "wahre Leben" wie Korruption, Schwarzgeld (ohne Rechnungen) und Steuer(un)ehrlichkeit berichtet. Das Ausmaß ist erschreckend. Alle wussten das, keiner wollte oder will es ernsthaft ändern. Ein griechischer Schriftsteller hat kürzlich einen Artikel zur Mentalität der Griechen veröffentlicht: Etwa 400 Jahre lang wurden sie von den Osmanen beherrscht, die sie als ihre Feinde ansahen. Nach dem über 100 Jahre währenden Unabhängigkeitskampf, der 1919 mit der Befreiung Westthrakiens endete, hat die Bevölkerung den Staat immer noch als Feind angesehen, an den man wenige oder keine Steuern zahlt. Dies hat sich bis heute nicht geändert. Ein weiterer Feind ist hinzugekommen, die EU und speziell Deutschland. Die Griechen wollen in Europa in der ersten Liga leben, und das hierfür nötige Geld sollen die Europäer geben. Dies kann nicht hingenommen werden. Griechenland muss sich, wie schon Irland, Estland, Portugal und Spanien, reformieren und alle Bevölkerungsschichten auf dem Wege mitnehmen, damit die Last gerecht verteilt wird. Das ist zwar ein langer Prozess, der sich am Ende aber lohnen wird. Konrad Theis, Trier Mit dem dritten Hilfspaket in Höhe von etwa 84 Milliarden Euro ist die Sache noch längst nicht vom Eis. Warum erzählt man uns Deutschen nicht, wie viel wir davon aufbringen müssen? Auch lässt man uns im Unklaren darüber, wie viel von den 90 Milliarden Euro Hilfskrediten der Europäischen Zentralbank (EZB) an die Griechen schon ausgeschöpft wurden. Die linke Ideologie der Regierung Tsipras kann nicht dazu führen, wirtschaftlich zu haushalten. Im Gegenteil, man versucht, das Kapital (auch das der EU) an seine Anhänger und Sympathisanten zu verteilen. Die normalen Griechen sind die Leidtragenden. Sie werden von ihren Volksvertretern belogen und betrogen. Dies gilt aber ja auch für unsere deutschen Politiker. Grüne und SPD sind mit den Linken gerade die, die nicht mit Geld umgehen können. Verschwendung, wohin man schaut, wo diese Parteien mitregieren. Unsere Infrastruktur benötigt auch Geld. Sicherheitsprobleme wegen Personalmangel bei der Polizei, Pflegeeinrichtungen, Kindergärten, Flüchtlingspolitik. Sollen wir die Griechen fragen, ob sie uns dabei finanziell helfen, wenn den Kommunen und Städten das Geld fehlt? Wer garantiert, dass Griechenland nicht schon in den nächsten beiden Jahren wiederum um Hilfe bittet? Es nützt überhaupt nichts, einem Volk Geld hinterherzuwerfen, wenn es nicht mal bereit oder in der Lage ist, Reformen einzuleiten. Im Gegenteil - müssen wir und unsere Volksvertreter uns auch noch als Terroristen, Verbrecher, Erpresser, Gauleiter, Totengräber beschimpfen lassen. So ein Griechenland braucht niemand. Eine letzte Frage hätte ich da noch. Wem haben die EU und der Euro wirklich Vorteile gebracht? Mir jedenfalls nicht. Elmar Alders, Saarburg Was ist aus der Bundesrepublik, aus Europa und denen, die uns regieren (wollen), nur geworden? Da wird gelogen, dass sich die Balken biegen, ein jeder nach seiner "Fasson", und keiner gibt zu, dass wir Deutschen und andere Länder Europas an der Misere selbst die Schuld tragen. Weshalb hat man Milliarden Euro in ein schon bankrottes Land gepumpt, wenn es laut Angela Merkel auch nur "geliehen" war, wo doch alle Verantwortlichen sagten, "die sollen erst mal ihre Hausaufgaben machen"? Also weshalb doch? Sicher doch nur aus dem Grund, dass die Großkonzerne, die Profiteure an diversen Geschäften, allen voran die Rüstungsindustrie, ihre Gelder bekamen, obwohl ja viele selbst keine Steuern zahlen, weil sie ihre Gewinne von A nach B und von B nach C verschieben. Und was brachten die Folgejahre? Seit 2010 sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 222 Milliarden Euro um 40 Milliarden Euro. Und dafür wollen jetzt einige Politiker die neue Regierung verantwortlich machen, nur um vom Unvermögen ihrer Freunde abzulenken, um dann auch noch den Griechen vorzuschreiben, wie sie ihre "Buchführung" zu machen haben und vergessen, dass selbst im eigenen Land Korruption und Steuerbetrug an der Tagesordnung sind. Da wählt man mit Juncker einen Mann an die Spitze Europas, der durch sein "Luxemburger System" den anderen Ländern Schäden in Milliardenhöhe zugefügt hat. Welcher normale Mensch soll das noch verstehen? Und wenn man sich festgefahren hat und nicht mehr weiter weiß, dann kommt man wieder auf die Freunde, die Amerikaner, und die böse NSA zurück, um die Bevölkerung abzulenken. Ich heiße bestimmt nicht gut, wie der griechische Staat "gewirtschaftet" hat. Aber diejenigen, die am lautesten "bellen", sollen sich einmal an die eigene Brust klopfen. "Stirbt der Euro, dann stirbt Europa" - Wie kann etwas sterben, was nie richtig existiert oder gelebt hat? Ernst Ewein, Enkirch Wochenlang Griechenland üüüüüüüüüberall. In den Berichterstattungen fallen Worte wie: Wohin steuert das Schicksal Europas? Oder: Europa brennt lichterloh. Ich traue meinen Ohren nicht ob dieses unglaublichen Verrückens der Maßstäbe. Es brennt in Europa tatsächlich, im Osten Europas, in der Ost ukraine. Dort herrscht Krieg, den man häufig als Konflikt verschwiemelt. Das Schicksal Europas hängt vor allem davon ab, ob der nach den unzähligen europäischen Kriegen, vor allem dem so verheerenden Zweiten Weltkrieg und dem alle Werte vernichtenden Zivilisationsbruch des Nationalsozialismus so mühsam errungene Konsens über die Unverletzlichkeit der Grenzen, die Geltung des Völkerrechts, die universelle Geltung der Menschenrechte wieder hergestellt werden kann. Denn dieser ist verloren gegangen in Europa, durch die Annexion der Krim durch Russland und die damit verbundene Infragestellung des Prinzips der Unverletzlichkeit der Grenzen, die Infragestellung der universellen Geltung der Menschenrechte, durch Russland, durch Ungarn, aber auch durch Parteien wie den Front National in Frankreich, der nun eindeutig rechtsgewendeten AfD in Deutschland, des kleineren griechischen rechtspopulistischen Koalitionspartners und anderen. Diese Gefahren bedrohen Europa in seinem ideellen Kernbestand viel mehr als die Existenz des Euro, so wichtig dieser ist, es je könnte. Gerade wir Deutschen, die wir nach der so unsäglichen Negierung aller menschlichen Werte durch den Nationalsozialismus Menschlichkeit in mühsamen noch andauernden Prozessen zurück errungen haben, sollten in stillen Momenten unsere Häupter vor allen Opfern des Unsagbaren neigen, aber erhobenen Hauptes unsere immer wieder aufs Neue zu erringende Freiheit leben und verteidigen. Christian Schmadel, Altrich Wolfgang Schäuble ist im Gegensatz zu Gregor Gysi ein wahrer Europäer. Wenn die ehemalige DDR (Gysi und viele andere, die jetzt auf Schäuble hauen, besonders die Linksfraktion im Bundestag) vernünftig gewirtschaftet hätte, dann wäre der Zusammenbruch (Schießbefehl, Freikauf von Bürgern) nicht notwendig gewesen. Jeder Privatmann muss sich nach der Decke strecken, es kann einfach nicht angehen, dass viele Griechen keine Steuern zahlen, die Bürokratie überbordet, kein Kataster vorhanden ist. Die vielen Länder in Europa, ob arm oder reich, müssen jetzt für diese Schlamperei haften und zahlen, wo ist da eine Gerechtigkeit, Herr Gysi, ich frage Sie! Die Härte des Herrn Schäuble hätte vor vielen Jahren bereits von den Verantwortlichen in Europa umgesetzt werden müssen, dann wäre dieser Trümmerhaufen nicht entstanden. Leute wie Herr Gysi, Wagenknecht und einige mehr sollten keine Lustreisen nach Griechenland machen, sondern können dort an Schwachstellen der Verwaltung arbeiten, dies wäre ein guter Beitrag zur Gesundung von Griechenland - große Worte sind einfacher, aber helfen nicht weiter! Langsam, aber sicher muss Klarheit darüber entstehen, dass wir nur zahlen, wenn auch eine Gegenleistung erfolgt. Im normalen Leben gilt dies, warum nicht zwischen den Ländern in Europa? Josef Bach, Birresborn

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