GESELLSCHAFT

Zum Leserbrief "Grauenhafte Vorstellung" (TV vom 27. November):

Will man das Thema Sterbehilfe allgemein ins Gespräch bringen, muss man auch - wie von Herrn Weichsel getan - provokante Ideen ins Feld führen, welche erzkonservativ Denkende aufschrecken. Wer jedoch - wie Herr Dr. Dixius - anderen "selbstanmaßende Thekensprüche" und besserwisserisch "mangelnde geistige Masse" unterstellt, qualifiziert sich durch solche dummen Äußerungen selbst ab. Die genauen Modalitäten der Sterbehilfe, wie etwa: unter welchen Bedingungen, an welchen Orten, in welchem Alter, mit welchen autorisierten Personen, sind zunächst zweitrangig. Für mich wäre es eine "grauenhafte Vorstellung", dass jemand, der schlichtweg seines Lebens überdrüssig ist, sich erst eine Waffe besorgen muss, um sich zu erschießen. Das kann auch schiefgehen, so dass der Betreffende danach ein noch schlimmeres Dasein fristen muss. Das gilt für jede Selbsttötungsmethode, egal ob ein Sturz von einer hohen Brücke, ein Aufprall mit dem Auto gegen ein Hindernis, ein Sprung vor einen anrollenden Zug oder den Versuch, sich zu vergiften. In meinen Augen ist ein Punkt besonders stichhaltig: Es geht um die Freiheit der Selbstbestimmung! Jeder Mensch hat somit das individuelle Recht, seinem Leben selbstbestimmt ein Ende zu setzen, wenn er dieses aus ganz bestimmten Gründen nicht mehr ertragen kann. Dass fast alle Kirchen gegen diese Freiheit sind, spricht nicht für sie, sondern gegen sie. Viele Politiker, die sich den Kirchen verbunden fühlen, schließen sich opportunistisch dem überholten klerikalen Standpunkt an. Provokativ: Sterbehilfe soll nicht, wie von manchen gefordert, "gewerbsmäßig" betrieben werden. Im Gegenzug dürfen andere die Sterbehilfe nicht verhindern, um selbst aus "lebensverlängernden" Maßnahmen Gewinn zu erzielen. Auch die Palliativmedizin, so gut sie gemeint ist, tut das gewissermaßen. Ruprecht Matuschek, Hillesheim

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