Geistige Klimmzüge, seltsamer Jugendwahn

Zum Artikel "Halber Führerschein für Senioren?" (TV vom 26. Juli) erhielten wir diese Zuschrift:

Die Diskussion über die Fahrtüchtigkeit alter Menschen erinnert mich fatal an die - vor einigen Jahrzehnten geführte - Auseinandersetzung, ob Frauen überhaupt Auto fahren können. Diese waren damals weniger in Unfälle verwickelt als Männer - was Männer dann zu vielen geistigen Klimmzügen veranlasste, zu behaupten, das sei schließlich der Beweis. Die Gründe für die erwiesene Tatsache, dass Senioren weniger Unfälle bauen, liegen nicht nur bei der geringeren Fahrleistung nach dem Ausscheiden aus dem Beruf, sondern auch in der Einsicht in die eigenen Leistungsgrenzen. Alte haben kaum noch "Spaß am Autofahren", fahren daher weniger - und wenn es nicht mehr geht, hören sie von selbst auf. Dazu brauchen wir keine teure Bürokratie, bei der teure Psychologen an teuren Geräten teure Tests durchführen - und das auf Kosten der Steuerzahler. Auch scheint mir der Begriff des "vertrauten Umfelds" schwierig zu definieren sein. Ich finde mich zum Beispiel in Budapest gut zurecht, wohingegen ich die Trierer "Vororte" Mainz und Köln meide.Wie will man die Fahrtüchtigkeit alter Leute testen? Das Spielen an einem Fahrcomputer lässt nur begrenzt auf das Verhalten in der Realität schließen. Ferner gibt es bei einem solchen Test vielfach die Prüfungsangst, die nicht nur bei Senioren zum Testversagen führen kann. Außerdem wissen selbstkritische Psychologen, dass ein Test nur testet, was im Test abgefragt wird, nicht immer, was er zu testen vorgibt.Gibt es eine Statistik, aus der hervorgeht, wie viele Führerscheine wegen altersbedingter Schwächen entzogen wurden? Meines Wissens nicht. Warum will man Leuten, die nie Punkte in Flensburg hatten, den Führerschein halbieren? Hier treibt der Jugendwahn, der in der Arbeitswelt schon viel Schaden angerichtet hat, neue Blüten.Ernst Hanrath, Bruch Verkehr

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