Gesellschaft

Zur Berichterstattung über die Terror-Anschläge von Paris, die Pegida-Bewegung und zum Kommentar "Die falschen Feinde" (TV v. 10./11. Jan.):

Die furchtbaren Gewaltverbrechen in Frankreich erschüttern alle aufrechten Europäer. Die zahllosen Demonstrationen von 10 000 bis über eine Million aufrechter Demokraten zeigen, dass uns Menschenrechte, Würde und Toleranz - unabhängig von Staatszugehörigkeit, Hautfarbe oder Religion - unabdingbar wichtig sind. Diese machtvollen Demonstrationen werden Kräfte freisetzen, die es ermöglichen, Extremisten Paroli zu bieten. In den siebziger Jahren sah sich die deutsche Demokratie durch die RAF bedroht. Neben Sicherheitsmaßnahmen des Staates führte insbesondere der machtvolle Zusammenschluss der Demokraten dazu, dass dieser Spuk beendet wurde. Vielleicht haben wir in der letzten Zeit Toleranz und Meinungsfreiheit als so selbstverständlich angesehen, dass man glaubte, nicht so stark, nicht so vehement dafür kämpfen zu müssen. Für diese Annahme spricht, dass immer mehr Bürger den Wahlen fernblieben. Das wird jetzt hoffentlich anders. Demokraten müssen für Freiheit und Toleranz kämpfen. Aber sie müssen auch fordern dürfen. Sie dürfen von der Presse eine objektive Berichterstattung fordern. Wenn bundesweit 30 000 Pegida-Anhänger demonstrieren und 100 000 Gegendemonstranten auf deren Intoleranz hinweisen, dann sollte die Berichterstattung auch vom Umfang her angemessen sein und nicht den Extremisten eine Plattform bieten, sich unangemessen breit darzustellen. Das Gleiche gilt für die AfD. Wenn Herr Lucke kreischend und weinerlich klagend seine kruden Ideen darstellt, sollte er in die Schranken gewiesen werden. Es ist Aufgabe der Presse zu berichten. Es ist nicht Aufgabe der Presse, einer kleinen radikalen Minderheit einen unangemessen großen Raum zur Selbstdarstellung bereitzustellen. Dr. med. Antonius Hölscher, Daun Überhaupt erst möglich wurde die Pegida-Bewegung, weil dem Einwanderungsland Deutschland seit Jahrzehnten das für alle Belange zuständige Einwanderungsministerium fehlt. Wir hatten Zeit genug, uns in den Vereinigten Staaten, in Kanada, in Neuseeland, in Australien und in den skandinavischen Staaten anzusehen, wie die das machen. Was mich am meisten stört, ist das Durcheinanderwerfen von Gastarbeitern, Übersiedlern, Umsiedlern, Einwanderern, Kriegsflüchtlingen, Armutsflüchtlingen und kriminellen Banden aus dem Ausland. Ich bin im Umfeld einer Landesaufnahmestelle groß geworden. Meine Prognose: Wenn es gut gemacht wird, kann Deutschland eine Riesenzahl Kriegsflüchtlinge aufnehmen. Und hat, wie in der Vergangenheit, nur Vorteile. Wolfgang Riehm, Schillingen Kaum ein Thema wird so einseitig diskutiert wie Pegida. Politik und Presse haben die Teilnehmer als von Vorurteilen und Hassgefühlen geleitete Dumpfbacken aus der braunen Ecke beschrieben, die gegen Ausländer hetzen. Wochenlang hat man versucht, sie totzuschweigen: kein Wort in den Fernseh-Nachrichten, kein Wort in der Presse. Seit die Teilnehmerzahlen so stark gestiegen sind, dass die Veranstaltungen nicht mehr totgeschwiegen werden können, überbieten sich Politik und Presse mit pauschalen Verurteilungen. Bisher hat sich niemand die Mühe gemacht, die Ängste der Demonstranten zu verstehen. Wie auch, man müsste sich ja Fehler eingestehen: dass die Politik schlecht managt, dass die Presse lügt. Wie das? Pegida hat ein 19-Punkte-Programm. Hat das jemand in der Presse gelesen? Wahrscheinlich nicht. Die Nichtveröffentlichung der Programmpunkte, die den Behauptungen der Presse diametral gegenüberstehen, ist eine Nichtinformation der Leser, gleich einer Lüge, die erst die Schmähungen gegen die Demonstranten möglich macht. Im TV unterstellt Isabell Funk, dass Pegida den Flüchtlingen, die den islamistischen Schlächtern entkommen sind, das Grundrecht auf Asyl verweigern wolle. Im Programm steht aber: "Pegida ist für die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen und politisch oder religiös Verfolgten. Das ist Menschenpflicht!" Ich nehme das Wort Lüge natürlich zurück, falls Frau Funk die Programmpunkte nicht kannte. Das würde jedoch ein fatales Bild auf die Recherchearbeit des Volksfreunds werfen. Helmuth Raskob, Bausendorf In ihrem Kommentar zu den Anschlägen in Paris bezieht sich Frau Funk fast mehr auf die "patriotischen Europäer" (das heißt auf die besorgten Bürger, die ihr Demonstrationsrecht in Dresden und anderswo ausüben) als auf die Attentäter, die die Welt in Angst und Schrecken versetzt haben. Starke Worte für die Demonstranten findet sie: "pauschale Ausländerhetze" oder "undifferenzierte Gleichsetzung von Religion und mordrünstigem Religionswahn", ohne Beweise für solche Behauptungen zu erbringen. Sie rückt die Demons tranten sogar in die Nähe der Nationalsozialisten, indem sie schreibt, ihre Wortwahl entstamme "originalgetreu dem Vokabular des nationalsozialistischen Verbrecherregimes". Selbstverständlich kann und muss eine Zeitung den Meinungen von einzelnen Mitarbeitern Raum geben. Einer Meinung sollte aber unbedingt eine Reihe völlig anderer Meinungen von Mitarbeitern gegenübergestellt werden. Ohne freie Diskussion, ohne Meinungspluralismus, ohne gerade auch Stimmen, welche die Mächtigen und Meinungsführer nicht gerne hören, gibt es keine funktionierende Demokratie. Wo finden sich im TV völlig konträre Meinungen, die nicht lediglich unter Leserbriefen untergebracht und dort gleichsam abgelegt werden? Die Tatsache, dass der TV mit solchen Einseitigkeiten nicht allein in der Presselandschaft steht, führt die Demonstranten wohl zu ihrer Pressekritik. Diese Kritik ist nicht nationalsozialistisch, sondern urdemokratisch. Damit sich der Leser im konkreten, besonders wichtigen Fall (Anschläge in Paris - Pegida) eine eigene Meinung bilden kann, sollte der TV unbedingt das Positionspapier der Bürgerbewegung Pegida abdrucken - und zwar an prominenter Stelle (am besten auf der ersten, zweiten oder dritten Seite), damit dieses jedem Leser ins Auge fällt, er dieses lesen und sich eine eigene Meinung bilden kann. Wie soll eine eigene Meinungsbildung in Gang kommen, wenn man gar nicht genau weiß, worum es geht? Otto Frhr. Hiller v. Gaertringen, Bitburg

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