Gesellschaft

Zu den Leserbriefen "Steht auf, wenn ihr Demokraten seid!" und "Pseudokluge Belehrungen" (TV vom 16./17. Mai):

In einem Leserbrief das Wesentliche kurz und präzise zu schreiben, ist nicht immer ganz einfach, manches Nennenswerte muss dann unerwähnt bleiben. Da gilt es, sich ganz auf den geneigten und geeigneten Leser zu verlassen. Das tue ich. Der TV hat kürzlich auf einer Seite zwei Leserbriefe verschiedenen Inhalts und mit deutlich unterschiedlicher Aussage zu Themen der Geschichte und Gesellschaft abgedruckt. In dem einen geht es, kurz gesagt, um Menschenrechte und -würde, in dem anderen um "Gutmenschen". Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass die Inhalte gar nicht so verschieden sind, denn Menschenrechte und "Gutmenschen" scheinen doch kompatibel. Hinzu kommt, dass in dem einen der beiden Briefe "Gutmenschen" als gegen "rechts" vorgestellt werden. Hier gibt es fließende Übergänge von "rechtskonservativ" über "-radikal" bis "extrem rechts". "Gutmenschen" sind also gegen die zähneknirschende Duldung von Ausländern, die sich aber gefälligst unauffällig, eingepasst und an die "Leitkultur" angepasst verhalten sollen, wie das die gemäßigte Auffassung der "Rechtskonservativen" vorsieht. "Gutmenschen" wollen offene, willkommene Aufnahme. "Gutmenschen" sind gegen die Auffassung, dass alles "Fremde" im eigenen Land nichts zu suchen habe, wie das radikale "Rechte" lauthals verkünden. "Gutmenschen" sind vor allem gegen Lüge, Zwang und Mord bis hin zum Völkermord, wie die extreme Rechte das - vielleicht nicht ganz so lauthals verkündend - im kahlen Hinterkopf hat. "Gutmenschen" sind im Übrigen auch gegen Lüge, Zwang und Mord der pseudosozialistischen Stalinisten. "Gutmenschen" wollen schlichtweg das Gute, sie wollen also tolerant, verständnisvoll, hilfsbereit, wohlwollend, bescheiden, zurückhaltend sein. Manche sind sogar radikal gut. Da heißt es aufpassen, bis zur Intoleranz und Selbstgerechtigkeit ist es kein weiter Weg. Sehr viel weiter wird aber auch das nicht gehen, nicht bis ins Extreme, denn Selbstvergessenheit oder gar Selbstaufgabe bis hin zur Selbst(-auf-)opferung passen nicht in unsere Welt, deren Geist von Kapital, Konkurrenz und Konsum geprägt ist. Es gibt allerdings Ausnahmen, wie Work aholics, aber zum Beispiel auch Umweltschutz-Aktivisten wissen. Wie auch immer: Gutes sollte durchaus an "die große Glocke gehängt" werden, was der "Gutmensch"-Schreiber ablehnt, denn Gutes tun ist vorbildhaft. Es ist gut, dass er indirekt (und ungewollt) darauf aufmerksam macht. Und noch etwas: Beide Ex treme, der linke wie der rechte Extremismus, hatten in Deutschland die Gelegenheit gehabt, sich auszutoben. Das reicht ein für alle Mal. Es ist gut, (sich) daran zu erinnern, da haben Sie recht, Frau Köhl. Michael Wilmes, Ralingen-Wintersdorf

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort