Gesundheit

Zum Artikel "Krebsgefahr vom Acker" und zur Diskussion über das Unkrautbekämpfungsmittel Glyphosat (TV vom 30. Juli):

Seit vielen Jahren fahre ich fast jeden Morgen nach Wittlich in meine Arztpraxis. Auf halber Strecke erstreckt sich über fast einen halben Kilometer ein weites Feld. Es grenzt linker Hand unmittelbar an die Landesstraße und steigt sachte gegen den Horizont an. Es ist hügelig geschwungen und wird von einer hohen Baumreihe begrenzt. Jeden Tag ab März schweift mein Blick voller Freude über die frisch gepflügte Erde. Nach und nach sprießen kleine Pflänzchen aus dem Boden, jedes Jahr eine andere Frucht. Fast unmerklich wächst das Grün, Tag für Tag ein kleines Stück; die Halme werden größer und strecken sich zum Himmel. Im Frühsommer wiegen sich die Pflanzen im Wind und beginnen zu blühen. In der heißen Zeit reifen die Ähren heran; die Farbe des Feldes wechselt von frischem Grün mehr und mehr nach Goldgelb. Eines Tages sieht man schon von weitem die Staubwolke, wenn der Mähdrescher das Getreide erntet und die großen Strohräder ausspuckt. Im Herbst übermalt der Pflug die gelbe Farbe der Stoppeln mit einem erdigen Braun. Im letzten Jahr war alles anders! Schon früh setzte der Frühling ein. Es wurde warm, und die Natur explodierte förmlich. Ich war schon gespannt, welche Frucht der Bauer angepflanzt haben würde. Ich traute meinen Augen nicht: Mein Lieblingsfeld ist tot! Vom einen auf den andern Tag! Kein grüner Halm! Der gesamte Hügel ist fahlgelb, nur unterbrochen von den schmutzig braunen Gerippen des letztjährigen Sauerampfers. Alle Pflanzen sind verdorrt. Kein Tier weit und breit. Auch der Milan, der sonst seine Runden über dem Feld dreht, will sich das nicht antun. Trotz bester Übersicht wird er wohl kaum eine lebendige Maus finden. Das Feld ist tot. Ein Geschwür im weiten Land und leider nicht das einzige, wie mir in den nächsten Tagen auffallen sollte. Glyphosat, so heißt die Zauberformel; Roundup klingt besser. Eine runde Sache. Die Substanz zerstört alle grünen Bestandteile der Pflanzen, sonst nichts. So kann der Bauer sich das Umpflügen des Ackers sparen. In einem Arbeitsgang lässt sich das "Unkraut" auf den Feldern abtöten und gleichzeitig die neue Saat ausbringen. Sie wird problemlos keimen. Wie auch sonst. Schon in wenigen Tagen wird das Geschwür abgeheilt sein. Die Freude an meinem Lieblingsfeld war mir in jenem Jahr vergangen. Die Herstellerfirma und die Industrie behaupten, dass der Verdacht von Genschädigungen und Krebserkrankungen durch die Giftrückstände nicht erwiesen sei. Zitat aus dem Volksfreund: "Das weit verbreitete Unkrautbekämpfungsmittel Glyphosat ist nach Einschätzung der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC) wahrscheinlich krebserregend. Zu diesem Schluss kam die Behörde der Weltgesundheitsagentur (WHO) nach Auswertung zahlreicher Studien zu dem Mittel." Dr. med. Joachim Hölle-Gindorf, Trier

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