Grausames Symbol des größten Unrechts

Richtig entschieden oder falsch? Nach welchen Kriterien ist das zu beurteilen? In einer pluralen und freiheitlichen Gesellschaftsordnung sind verschiedene Meinungen und Grundeinstellungen zu respektieren, so sie denn mit den geltenden Gesetzen, der Verfassung und dem übergeordneten Sittengesetz in Einklang stehen.

Letzteres aber ist keinesfalls gleichbedeutend mit Tradition und überkommenen Moralvorstellungen, auch nicht mit dem Werteverständnis eines CDU-Rechtsexperten oder eines CDU-Bezirkschefs. Dieser muss sich fragen lassen, was Kopftücher in der Schule mit der Ausstattung eines Gerichtssaales zu tun haben. In der Verknüpfung beider Sachverhalte sah Michael Billen wohl die Gelegenheit, wieder einmal einen "Kreuzzug" führen zu können, diesmal gegen den politischen Gegner. Abgesehen davon, dass einer wachsenden Vielzahl von Zeitgenossen das Kreuz an der Wand nur dekorativ oder gar provokativ daherkommt, kann ich selbst und vor allem als Christ die Entscheidung des Landgerichtspräsidenten gutheißen: Das Kreuz ist eines der grausamsten und abscheulichsten Folterwerkzeuge, das die menschliche Verworfenheit erfunden hat. Für mich als Christen ist es das Symbol des größten Unrechts, das je begangen wurde (Verurteilung des "Unschuldigen" und Mord an dem "Gerechten"). Es steht für den größten Justizskandal der Weltgeschichte, keinesfalls für ein gerechtes Urteil, wie es ja wohl in hiesigen Gerichtssälen erwartet wird. Gerade die Institution, die jetzt "Zeter und Untergang" schreit, hat - in neuester Zeit unbestritten - im Namen und im Zeichen des Kreuzes größte Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen (Kreuzzüge, Inquisition, Hexenprozesse, Zwangschristianisierung ganzer Völkerstämme). Was also, bitteschön, hat das Kreuz mit "Recht sprechen" zu tun? Letztlich sollte man die Entscheidung dessen respektieren, der auf Grund seines Hausrechts autorisiert ist. Christoph Wallenborn, Neroth

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