Höher. Schneller. Weiter.

Politik

 Damals dagegen, heute dagegen: Am 20. November 1994 demonstrieren etwa 3000 Menschen gegen den Bau des Moselaufstiegs bei Trier-Zewen und Igel. Jetzt gibt es neue Entwicklungen.TV-Foto: Archiv/Klaus Kimmling

Damals dagegen, heute dagegen: Am 20. November 1994 demonstrieren etwa 3000 Menschen gegen den Bau des Moselaufstiegs bei Trier-Zewen und Igel. Jetzt gibt es neue Entwicklungen.TV-Foto: Archiv/Klaus Kimmling

Zum Artikel "Neue Straßen? Am Geld liegt's nicht!" (TV vom 18. Mai):
Wie fast jeden Morgen nehme ich mir die Zeit, um den Volksfreund zu lesen. Schlagzeile - Deckblatt - Moselaufstieg. Sofort bin ich hellwach. Ich lebe in Igel und das sehr gerne. Das Thema Moselaufstieg liegt mir schwer im Magen. Schon geraume Zeit. Ich lese. Bleibe an der Zahl 60 Millionen Euro hängen.
Ich lasse mir das auf der Zunge zergehen. 60 Millionen. Für eine Straße, die nur jemand wollen kann, der nicht hier lebt. 60 Millionen. Ich fange an zu träumen. Wenn ich Königin von Deutschland wäre oder Rheinland-Pfalz ... was würde ich mit diesem Geld machen?
Mir fallen sofort meine ehemaligen Kolleginnen und Kollegen im Krankenhaus ein. Mit sofortiger Wirkung würden alle da draußen, die für uns jeden Tag schuften in den Kliniken, bei der Feuerwehr, im Rettungsdienst, Polizei, Altenheime, Gastronomie, Reinigungsfirmen, Handwerker, Erzieher und und und ... das doppelte Netto verdienen. Ein Traum. 60 Millionen. Zur Entlastung von der Stadt Trier. Okay.
Was ist mit Nachhaltigkeit? Gute, saubere Luft im Moseltal? Schon jetzt bleibt einem dort im Sommer die Luft weg. Der Moselaufstieg zerstört viele Hektar alten, gewachsenen Wald. Sauerstoff. Nein. Höher. Schneller. Weiter. Mehr Verkehr. Mehr LKW. Mehr Tanktourismus. Mehr Möglichkeiten. Mehr Geld. Mehr. Mehr. Mehr.
Ich plädiere für Entschleunigung. Erhalten, was da ist. Unter meiner Regentschaft gäbe es kein Mikroplastik, keine Massentierhaltung, keine Umweltzerstörung. Keine Minijobs. Da wären Arbeitsplätze, die es einer Familie erlauben, ihre Kinder großzuziehen, ohne ihre Säuglinge schon in die Kita geben zu müssen, weil trotz Doppelverdienst das Geld nicht reicht. Ich merke, ich komme vom Hölzchen zum Stöckchen. 60 Millionen.
Ich bete dafür, dass in den oberen Etagen, in denen Entscheidungen getroffen werden, die uns alle betreffen, Vernunft einkehrt. Die Augen wieder geöffnet werden, für den Blick aufs Große und Ganze. Weniger Druck, weniger Stress, weniger Umweltzerstörung, mehr Miteinander, Respekt, Wertschätzung für Mensch, Tier, Umwelt.
Ein Blick auf die Uhr. Ich muss los. Mit meinem Hund durch den alten, gewachsenen Wald. Wie lange werde ich dort noch die wundervollen alten Bäume sehen? Ich merke, dass mir das Ganze, als Naturliebende, ziemlich zusetzt.
Einmal durchatmen. Den Kopf nicht hängen lassen. Die Hoffnung auf Vernunft nicht aufgeben. Ich ziehe los ... und da ist er wieder. 60 Millionen. Wenn ich Königin ...
Kerstin Kinzig
Igel
Ich lese, dass der Bundestagsabgeordnete Bernhard Kaster vor Wut über die Landesregierung schäumt, weil diese aus Mangel an Straßenbauingenieuren nicht in der Lage ist, sein über Jahrzehnte favorisiertes Wunschprojekt "Moselaufstieg", unverzüglich umzusetzen. Herr Kaster sollte sich doch bitte an den zweimaligen Wunsch und das kostenlose Angebot der luxemburgischen Regierung erinnern, für Deutschland eine Brücke über den Merterter Hafen zu erstellen. Waren es nicht er und die hiesigen CDU-Größen, welche über die Bundesregierung das Angebot Luxemburgs ablehnten? Sehr zum Leid der Pendler aus dem Konz-Saarburger Raum und der Bürger der Gemeinde Temmels sowie der Stadt Grevenmacher. Für die Pendler wäre der Weg über den Hafen Mertert circa sechs Kilometer kürzer zu ihrem Arbeitsplatz in Luxemburg als über den Moselaufstieg und für Temmels und Grevenmacher eine deutliche Entlastung von dem Durchgangsverkehr. Eine Machbarkeitsstudie wurde von Rheinland-Pfalz zu diesem Projekt in Auftrag gegeben und auch erstellt. Wurde diese Machbarkeitsstudie auch veröffentlicht?
Ein bilateraler Vertrag zwischen Luxemburg und Deutschland genügt für den Brückenbau. Kein raumordnerischer Entscheid, keine Einstellung des Projekts in den Bundesverkehrswegeplan ist hierfür erforderlich.
Ohne diese Blockadehaltung könnte diese Brücke bereits seit einem Jahrzehnt dem Verkehr zur Verfügung stehen und wesentlich zur Verkehrsentlastung beitragen. Entstand hierdurch nicht ein hoher wirtschaftlicher Schaden und ein weiterer Vertrauensverlust an die Glaubwürdigkeit unserer Politiker?
Rainer Bösen
Igel

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