Ihr seid ein C-Orchester!

Am 1. November 2006 ein tolles Erlebnis im Trierer Theater: Mahlers "Lied von der Erde". Das Erstaunliche: Dirigent und Inspirator dieses Unternehmens, der hauseigene Generalmusikdirektor - kein Gast. Auch für die anspruchsvollen Gesangspartien eine hauseigene Mezzosopranistin, ein hauseigener Tenor.

Und: Welches Theater mit der Orchestervergütungsklasse C - das ist die untere Stufe der Theater-Klassifizierungen - wagt sich an solch ein Werk heran, natürlich mit Aushilfen, und spielt es dann auch gut!? Durchgesetzt und so großartig realisiert von István Dénes. Seit zehn Jahren verfolge ich sehr aufmerksam das Musiktheater in Trier und bin immer wieder überrascht über seine außerordentliche Leistungsfähigkeit im Verhältnis zu anderen Theatern dieser Kategorie. Vor allem ist hier ein Dirigent, der Ideen hat und aufbaut. Nicht einer, der das Potenzial nur ausnutzt, benutzt und dann: tschüs! Wie man aus dem Artikel von TV-Redakteur Dieter Lintz erfährt, will GMD Dénes Neues für Trier, weiter voran für Trier, will bleiben und ausbauen. Und: Dénes vertritt den Typ des Dirigenten, der mit einem hauseigenen Ensemble arbeiten will und seinem Arbeitgeber - der Stadt - das Maximale aus dem künstlerischen Trierer-Potenzial serviert. Und die Zusammenarbeit mit dem Orchester - Dieter Lintz formuliert: Es wünscht sich (das Orchester) frischen Wind und Aufbruchstimmung. Ich frage: Noch frischeren Wind als diese Mahler-Leistung? Noch respektablere Opern- und Sinfonie-Projekte als sie GMD Dénes anschiebt? Bedenkt ihr Orchesterleute auch, dass eure objektiven Möglichkeiten begrenzt sind? Ihr seid ein C-Orchester! Wollt Ihr "frischen Wind und Aufbruchstimmung" mit einem Dirigenten, der in Trier nur "Hallo" sagt, viel außerhalb dirigiert, wenig probiert - was einem Orchester gefällt - und weiterzieht? Dann kommt der nächste Dirigent dieser Art, die Orchestermitglieder bleiben aber immer auf ihrem gewerkschaftlich gesicherten Stuhl kleben und werden langsam immer schlechter. Liebes Orchester, wie wäre es denn, wenn Sie sich einem Konkurrenz-Vorspiel um Ihren Stuhl stellten und sich dadurch "frischen Wind und Aufbruchstimmung" selber verordneten?! Einen künstlerisch so brennenden und fordernden Generalmusikdirektor wie István Dénes wird Trier wohl schwerlich wieder finden. Lasst ihn weiter "den Ton angeben". Dr. Peter Schneider, Rostock, Intendant a.D.

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