Im Süden das Christkind, im Norden der Weihnachtsmann

Zum Leserbrief "Nur echt mit Mitra, Stab und Bibel" (TV vom 6./7. Dezember):

Die Geschichte vom Heiligen Nikolaus kennen wir alle. Nur, wo kommen der Weihnachtsmann und das Christkind her?

Eine Erklärung liefert das Kinderbuch "Warum feiern wir Weihnachten?" von Volker Ufertinger, erschienen in der Reihe "Kinder-Uni".

Demnach war für Martin Luther die katholische Heiligen-Verehrung ein Gräuel. Sein Bann traf auch den Nikolaus. Da er dieses beliebte Kinderfest aber nicht wegzaubern konnte, erfand er einen Kompromiss: Der Nikolaus hieß nicht mehr Nikolaus, sondern "Herre Christ", und die Bescherung wurde auf den Tag vor Weihnachten, also auf den 24. Dezember, verlegt.

Lange Zeit kümmerte sich offenbar kein Mensch darum, wie dieser "Herre Christ" aussehen sollte - bis am 1. Januar 1881 ein Holzschnitt des deutsch-amerikanischen Zeichners Thomas Nast in der amerikanischen Wochen-Zeitschrift "Harper's Week ly" erschien: ein Pfeife rauchender, gemütlicher, bärtiger alter Mann im Pelz als Gabenbringer, genannt "Merry Old Santa Claus".

Rund 50 Jahre später legte der schwedische Zeichner Haddon Sundblom für einen Werbe-Auftrag von Coca-Cola letzte Hand an die Gestalt des Weihnachtsmannes. Und so sieht der Weihnachtsmann heute noch aus.

Auch zur Erfindung des Christkinds hat Martin Luther beigetragen. Um den Nikolaus zu verdrängen, erfand er zwei sehr unterschiedliche Figuren. Das Christkind geht auf die Heilige Luzia zurück.

Martin Luther und seine Gefolgsleute steckten Luzia in ein weißes Kleid, bedeckten ihr Gesicht mit einem Schleier, der von einem goldenen Stirnband gehalten wird.

Dazu kamen kleine Flügel und eine Krone als Zeichen, dass es sich bei ihr um ein höheres Wesen handelt. Der Zweikampf zwischen Christkind und Weihnachtsmann um einen Platz in den Kinderherzen ging übrigens unentschieden aus. Der Weihnachtsmann setzte sich in den lutherischen Gebieten durch. Die Katholiken nahmen das Christkind, obwohl es eigentlich den Nikolaus vom Thron stürzen sollte, im Lauf des 19. Jahrhunderts an. Seither ist Deutschland zweigeteilt. Bis zur Main-Linie werden die Kinder vom Christkind beschenkt, weiter im Norden glauben sie an den Weihnachtsmann.

Heike Borsch, Gipperath

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