Im Spinnennetz der Abhängigkeit

In seinem Leserbrief zum Wiedereinstieg in die Kernenergie hat Alfred Hauer umfassend und ohne ideologische Verblendung dargestellt, in welchem Dilemma sich Deutschland befindet. Auch in der Fernsehsendung "Frontal 21" wurde dieses Thema behandelt, mit der Feststellung, dass es realistisch möglich ist, mit in Deutschland produziertem Biogas komplett unabhängig von russischem Erdgas zu werden.

Viele kleine Unternehmen für erneuerbare Energien sind mittlerweile entstanden. Sie sind motiviert, bringen Ideen und investieren eigenes Geld. Weil sie zur Einspeisung auf die Netze der Monopolisten angewiesen sind, die wiederum die Preise diktieren, tragen sie ein sehr hohes Risiko. Da hilft auch kein Meckern der Politiker, was meistens sowieso nur Lippenbekenntnisse sind. Die kleinen Unternehmen sind erfolgreich, um sich aber weiterzuentwickeln fehlt das nötige Kapital. Die großen Netzbetreiber bieten "partnerschaftlich" (!?) an, sich zu beteiligen, weitere Investitionen zu tätigen, und schon ist der Kleine im Spinnennetz der Abhängigkeit. Wie das geht, kann man fast täglich in den Börsenberichten lesen. Meines Erachtens gibt es da nur eine Lösung: Dezentralisierung. Kleine unabhängige Energieerzeuger vor Ort (Biogas, Photovoltaik, vielleicht in Zukunft auch Brennstoffzellen-Kraftwerk und vieles mehr) mit eigenem Versorgungsnetz in Gemeinden und Städten könnten schon jetzt den gesamten Energiebedarf decken - wenn es politisch wirklich gewollt wäre. Vorbildlich ist diesbezüglich Schweden, das in den nächsten zehn Jahren komplett unabhängig von Erdöl und Gas sein wird. Aber auch die Gemeinde Platten bei Wittlich ist auf dem richtigen Weg, sofern sie sich nicht in die Abhängigkeit der Netzbetreiber begibt. Ein eigenes Netz kostet zwar viel Geld, würde sich aber rechnen. Man wäre nicht erpressbar und würde dauerhaft Einnahmen für die Kommune erwirtschaften, sprich: Das Geld bleibt im Ländle beziehungsweise im Dorf. Hier sind die kommunalen und Landes-Politiker gefordert, um vernünftige Rahmenbedingungen zu schaffen, wobei ich allerdings großen Zweifel habe, wenn man sieht, in welchen Gremien, Aufsichtsräten diese sitzen. Und somit bleibt die Machbarkeit für Unabhängigkeit, Umweltschutz und Wertschöpfung für die Region wohl nur ein Wunschtraum. Oder hat jemand eine Lösung dafür? Hans-Joachim Selzer, Bernkastel-Kues

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