Jo mei, so wird’s nichts mit Jamaika

Politik

Zur Berichterstattung über die Bundestagswahl:
Die Bundestagswahl ist gelaufen, die zuletzt regierenden Parteien haben die Quittung für ihre Arbeit bekommen, und was passiert? Bevor überhaupt feststeht, wer mit wem regiert, werden schon (wie eigentlich nach jeder Wahl) die Posten und Pöstchen verteilt. Was wieder einmal beweist, dass es den Politikern nicht darum geht, das Volk (also uns alle) zu vertreten, sondern ausschließlich darum, eine möglichst lukrative Stellung zu erhaschen.
Dabei wird auch keine Rücksicht darauf genommen, ob die oder der potenzielle Minister oder Staatssekretär oder was auch immer überhaupt fachlich für den Bereich geeignet ist. Es geht nur um die Verteilung von gut dotierten Stellen, für die es vermutlich eine unter den Parteien abgesprochene Quote gibt.
Da muss sich die Politik nicht wundern, wenn es Politikverdrossenheit gibt und es bei den Wahlen zu den bekannten Ergebnissen kommt. Die Damen und Herren, die hier um gut bezahlte Posten in der Regierung (und natürlich die entsprechende Macht) schachern, haben völlig vergessen, dass sie als Volksvertreter gewählt wurden und nicht, um ihre eigene Eitelkeit zu pflegen.
Diese Herrschaften, die am liebsten die Rente mit 70 einführen möchten, gönnen sich selbst nach kürzester Abgeordneten-Tätigkeit Pensionen, von denen mancher nach 40 oder mehr Berufsjahren nur träumen kann.
150 Millionen Euro werden verbrannt, um eine marode, durch Unfähigkeit ihres Führungspersonals in die Insolvenz gerutschte Airline zu retten. Der kleine Handwerksbetrieb, dem ohne eigenes Verschulden die Insolvenz droht, kann zusehen, wo er bleibt!
Unsere Politiker lassen es auch zu, dass Millionen von Autokäufern betrogen wurden, ohne auch nur einen Cent an Entschädigung zu bekommen - gleichzeitig können die Autokonzerne die Kosten für Software-Updates und "Umtausch-Prämien" von der Steuer absetzen. Schlussendlich bezahlen wir also sogar doppelt und dreifach dafür, dass wir so blöd waren und uns betrügen ließen!
Milliarden Euro wurden verbraten, um marode Banken vor der (selbst verschuldeten) Pleite zu retten - das Volk darf es ausbaden, denn wir bekommen auf unser gespartes Geld schon lange keine Zinsen mehr. Es wird nur darauf geachtet, dass die Wirtschaft gut läuft und der Aktienkurs täglich neue Rekorde vermelden kann - bis die Blase platzt.
Die Politiker täten gut daran, sich darauf zu besinnen, was ihre eigentliche Aufgabe ist: Dafür zu sorgen, dass es den Bürgern gut geht, denn dafür wurden sie gewählt.
Rainer Weinand
Maring-Noviand

Vier Beobachtungen zum Wahlergebnis von CDU und AfD:
1. Der Angstwahlkampf der AfD: Die AfD schürt Ängste, nicht nur vor Überfremdung. Sie setzt Aggression, Wut und Gewalt im politischen Diskurs bewusst ein, um die bürgerlichen Wähler zu verängstigen. Es funktioniert auch, diese ziehen sich aus der politischen Diskussion ins Private zurück, trauen sich nicht, Stellung gegenüber der AfD zu beziehen und lassen die AfD im Wahlkampf dadurch stärker erscheinen als sie ist. Bei der nächsten Wahl bleiben die bürgerlichen Wähler vielleicht schon den Wahlurnen fern und stärken damit die extremen Lager weiter.
2. Regionale Spaltung des Landes: In Deutschland gibt es starke regionale Mentalitätsunterschiede in der Bevölkerung. Das macht eine einheitliche CDU/CSU-Politik schwer. Während die Mehrheit der Wähler in Bayern und Sachsen zum Beispiel auf eine Obergrenze für Flüchtlinge anspricht, verprellt die CDU damit ihre Wähler im Norden. Diese soziokulturelle Spaltung zeigte sich auch an der Diskussion um die Kleinkinderbetreuung. Aus dem Dilemma gibt es keinen einfachen Ausweg, und vielleicht ist die Stärkung des Föderalismus eine Antwort, um regionale Unterschiede stärker zu berücksichtigen.
3. Die AfD - ein Machtvehikel für die CDU? Was hat die CDU eigentlich unternommen, um die AfD aus dem Parlament herauszuhalten? Antwort: Nichts! Die SPD war noch der Hauptgegner, als diese schon politisch halbtot am Boden lag. Offenbar war der Einzug der AfD willkommen, damit gegen die CDU keine Mehrheit gebildet werden kann. Macht die CDU hier den gleichen Fehler wie die SPD seit der Wiedervereinigung im Umgang mit der Partei Die Linke? Heißt es am Ende vielleicht "Die Geister, die ich rief"?
4. Merkel-Effekt: Bei den letzten Wahlen konnte sich die CDU auf den Merkel-Effekt verlassen. Auch bei dieser Wahl plakatierte sie am Ende nur Frau Merkel, und genau dann verliert die CDU noch Zustimmung. Sie zieht nicht mehr. Mit diesem Ergebnis wird ihre politische Sanduhr zum letzten Mal rumgedreht.
Daniel Karl
Igel

Nun ist es soweit. Großer Jubel bei der AfD über den zweistelligen Wahlerfolg. Dies hat natürlich bei den demokratischen Parteien, insbesondere bei CDU und CSU, SPD, FDP, Grünen, selbst bei den Linken, einen Schock ausgelöst.
Die AfD ist nun das Geschwür in der Demokratie unseres Landes, das es in der nächsten Legislaturperiode zu dezimieren gilt.
Hatten wir das nicht schon einmal? In den 1920er-Jahren war es ähnlich. In der damals schwachen Demokratie bildete sich die NSDAP. Die Folge: zwölf Jahre Diktatur, ein verheerender Weltkrieg. So etwas darf sich nicht wiederholen. Zur AfD sei gesagt: Kranke geistige Auffassungen wirken wie ansteckende Krankheiten, sie greifen über und stecken an.
Bei CDU und CSU wird man nach Ursachen suchen, warum so viele Stimmen zur AfD abgewandert sind. Grund und Schuld ist in erster Linie Horst Seehofer, der mit Angela Merkel über lange Zeit wegen der Obergrenze in Fehde lag, dann vor der Wahl den Anschein erweckte, es sei alles Friede, Freude, Eierkuchen. Die Wähler hatten kein Verständnis für solche unnachgiebige Hartnäckigkeit des bayerischen Ministerpräsidenten. Die Strafe war, dass die CSU Stimmen an die AfD abgeben musste. Seehofer hat sich nicht nur selbst geschadet, sondern auch der Schwesterpartei CDU. Seine Obergrenze in Bayern ist von 49 auf 39 Prozent der Stimmen abgesunken. Nun hat er seine Obergrenze. Die CSU sollte ihren Ministerpräsidenten in den Ruhestand schicken, es aber, Gott bewahre, nicht mit Markus Söder, sondern mit einer Frau als Ministerpräsidentin probieren. Sollte uns Seehofer aber erhalten bleiben, wird es sehr schwierig für die Jo-mei-(ka)-Koalition, weil Seehofer nicht kompromissbereit ist. Bei Jamaika geht es nicht ohne Kompromiss, und das gilt für jede Partei, die in die Koalition eingebunden ist. Das Regieren wird für Angela Merkel erheblich schwieriger.
Werner Schmitz
Ürzig

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort