Katastrophale Zustände

Anders als Stefan Vetter meine ich nicht, aus dem Grundgesetz sei zwingend der weltweite Einsatz der Bundeswehr, ob mit oder ohne UN-Mandat, abzuleiten. Aber wenn der Tornado-Einsatz in Afghanistan zum Sieg über die menschenverachtenden Taliban und zum Aufbau eines demokratischen und sozialen Staates beiträgt, soll er mir dennoch recht sein.

Ausgerechnet die Beteiligung der Bundeswehr am nach Völkerrecht und Grundgesetz illegalen Kosovo-Krieg und an der Kfor als gutes Beispiel anzuführen, halte ich aber für einen journalistischen Fehlgriff. Mit dem Ende des Sezessionskriegs ist der Frieden in Südosteuropa leider nicht sicherer geworden. Unmittelbar nach ihrem Sieg mit Hilfe der Nato vertrieb die UCK in einer ethnischen Säuberung fast alle Nicht-Albaner. Schließlich griff sie - unter den Augen der Kfor und mit vor allem US-amerikanischer Unterstützung - auch das benachbarte Mazedonien an und konnte dort weitgehende Vorrechte der albanischen Minderheit durchsetzen. Ein unabhängiges Kosovo könnte leicht Expansionsgelüste gegen Montenegro entwickeln und schon durch seine pure Existenz zum Beispiel nicht nur die albanische Minderheit in Nordgriechenland, sondern auch die ungarische Minderheit in Rumänien zum bewaffneten Separatismus ermutigen. Die Zustände in der serbischen Provinz Kosovo unter UN-Verwaltung sind katastrophal: Die wichtigsten legalen Einnahmen sind Überweisungen kosovarischer Emigranten und Spenden, die Wirtschaft - außer der Mafia-Ökonomie und den heute meist in ausländischem, vor allem in österreichischem, deutschem oder belgischem Besitz befindlichen Banken - liegt darnieder, die Arbeitslosigkeit beträgt 60 Prozent, Korruption und Kriminalität aller Art blühen, die Landwirtschaft wird durch weitflächig verstreute Uranmunition und Streubombenblindgänger der Nato behindert, die von der Nato zerstörte Infrastruktur und Energieversorgung sind nur notdürftig instand gesetzt worden. Das Kosovo ist also leider ein sehr schlechtes Beispiel für internationale Einsätze mit Bundeswehrbeteiligung. Wenn der Einsatz in Afghanistan ein ähnlich miserables Ergebnis hätte, sollte man es vielleicht besser lassen. Robert Seidenath jr., Gusterath

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