Kleinere und größere Schweinereien

Politik

Zur Berichterstattung über den G-20-Gipfel in Hamburg:
Ganz sicher sind die Krawalle nicht zu rechtfertigen. Sehr wohl aber gibt es gerechte Gründe dafür, denn die G-20-Staaten sind alles andere als Waisenkinder. Beispiele gefällig? China beutet weltweit in armen Ländern Bodenschätze und Ackerland zum alleinigen Nutzen der dortigen Eliten gnadenlos aus, Amerika und England haben mit ihrem Krieg im Irak den ganzen Nahen Osten ins Chaos gestürzt, Russland führt in Syrien (und nicht nur dort) einen grausamen Terrorkrieg, Deutschland verdient schön brav an Waffenlieferungen in Krisengebiete, Japan rottet trotz internationaler Verbote die Wale aus, und die Türkei massakriert ihre eigene Bevölkerung, die Kurden, im Osten des Landes. Schlimm und bezeichnend zugleich, dass all diese kleineren und größeren Schweinereien kein Thema waren auf dem Gipfel, geschweige denn, dass Anklagen gegen die Verantwortlichen erhoben würden. Man hört, sie einigen sich beim Antiterror, haha.
Aber was bitte ist denn Terror anderes als die Waffe der Schwachen? Dass die ärmere Hälfte der Menschheit gerade mal über 0,2 Prozent des Weltvermögens verfügt, ist ein Riesenskandal. Da kann man durchaus verstehen, dass es der eine oder andere nicht beim (zynischerweise erlaubten) ohnmächtigen Protest bewenden lassen will. Revolutionen sind nun mal kein Kindergeburtstag.
Carl von Lieser, Krimiautor
Trier

Man stelle sich vor, Malu Dreyer oder Angela Merkel oder Martin Schulz oder sonst ein politischer Verantwortungsträger würde sagen: "Ja, ich befürworte Gewalt, sie ist nämlich integraler Bestandteil des Staates mit seinem Gewaltmonopol und auch strukturell der Wirtschaft mit ihrem permanenten Konkurrenzkampf, bei dem es eben auch Verlierer gibt, die ihre jeweiligen Verluste als Gewalt an ihrem Einsatz, ihren Hoffnungen, ihren Wünschen, also an sich selbst erfahren." Nicht vorstellbar, eine derartige Äußerung und ihre Begründung, obwohl die objektiv den Tatsachen entspricht. Insofern sind die ablehnenden Aussagen wohlfeil und eigentlich ein politischer Pleonasmus.
Niemand in einer geordneten, im Großen und Ganzen abgesicherten Gesellschaft mag Gewalt, schon gar nicht die direkte, personale, vor allem, wenn man selbst betroffen ist, außer den schätzungsweise sechs- bis siebentausend testosterongesteuerten, eben meist jungen männlichen "Autonomen". Deren Antriebe speisen sich aus der Lust (vornehmlich an Gewalt, aber auch an anderen spaßfördernden Aktivitäten) sowie aus der Ablehnung alles Autoritären und aus dem Streben nach - wortwörtlich - grenzenloser Freiheit. Lediglich der eigene Wille setzt ihr Grenzen.
Selbstbezogenheit, also egozentrische Subjektivität und das offenbar völlige Fehlen "bürgerlicher" Ethik nehmen sie als unhinterfragte Selbstverständlichkeit. Klar, dass sie sich als "links" verstehen und den Rechtsradikalismus/-extremismus bekämpfen, denn der steht für obrigkeitliche Ordnung, Autorität, Grenzen - aber auch für Gewalt. Das ist die einzige, letztlich feststellbare Gemeinsamkeit. Die einen sehen ein Zuviel, die anderen ein Zuwenig an "Ordnung", "Autorität", "Grenzen". Wie ist dem beizukommen? Ich behaupte: Gar nicht! Wir müssen mit diesen "Spielarten" einer werte- und wirtschaftsliberalen, pluralistischen und aufgeklärten Gesellschaft leben. Was heißt das? Eine Gesellschaft, welche die Anbindung an eine als transzendent gesehene Wertsetzung und Sinngebung (Gott, die Zehn Gebote, die Bergpredigt) im Zuge der Aufklärung weitgehend abgelegt und vor allem die ökonomische Freiheit an diese Stellen gesetzt hat, darf sich nicht wundern, wenn Teile ihrer jungen, pubertierenden (auch älteren), meist frustrierten Mitglieder zwischen fünfzehn und fünfundzwanzig (nach Schätzungen) sich die "Freiheit" nehmen und sie als gewalttätige Zügellosigkeit ausleben.
Das heißt nicht, dass wir anderen (die "Guten"? - die "Besseren"?) sie gewähren lassen sollten, hier haben Liberalität und Pluralismus ihre juristisch-polizeilich gesetzten Grenzen. Insoweit verstehe und unterstütze ich den politischen Pleonasmus: Ich bin auch gegen Gewalt, gegen personale, aber auch strukturelle, da sie mehr Verlierer als Gewinner schafft. Wie schreibt Hagen Strauß in seinem Kommentar zum Thema richtig: "Insofern geht es … auch darum [zu hinterfragen], was in der Gesellschaft falsch läuft."
Michael Wilmes
Ralingen-Wintersdorf

In unserem Staat stimmt es nicht mehr. Den Bürgern werden Belastungen und Einschränkungen auferlegt, wie ich sie bisher nur aus diktatorisch regierten Ländern kannte. Ganze Stadtviertel werden gesperrt, mit Nato-Draht eingezäunt und massivst von der Polizei bewacht. Und wofür? Damit sich ein kleiner, elitärer, mächtiger und einflussreicher Personenkreis über die Probleme dieser Welt und seine eigenen Unzulänglichkeiten austauschen kann. Ergebnisse, wenn überhaupt, werden von den Fachleuten vorher abgesprochen und von den Mächtigen dann als heilsbringend verkündet. Ja, glaubt denn dieser Personenkreis, wir sind alle blöd und schlucken das? Da haben sich aber einige getäuscht.
Dieser Aufwand, diese Gewaltexzesse, diese Kosten, diese Missachtungen der Bürgerrechte, das geht zu weit. Chartert ein großes Kreuzfahrtschiff, fahrt mitten auf den Ozean, überlasst die Sicherheit der Navy und tagt von mir aus dort - ohne Störer und Chaoten. Es wird viel billiger, es stehen keine Straßen in Flammen, unsere Polizisten können sich um ihre eigentlichen Aufgaben kümmern und werden nicht von dem vermummten Pöbel krankenhausreif geschlagen.
Und dem "Schwarzen Block" kann ich nur sagen, ihr tragt die gleiche Farbe wie einst in unserem Land eine verbrecherische Clique. Seid froh, dass ihr nicht so behandelt werdet, wie es diese mit ihren Opfern taten. Ihr agiert menschenverachtend, ihr habt auch nicht die kleinste Spur von Mitleid verdient, eure Argumente gegen den G-20-Gipfel sind lächerlich und weltfremd. Ihr wollt wie Bürger behandelt werden, dann zeigt auch, dass ihr die Bürgerrechte akzeptiert, und benehmt euch nicht wie die Vandalen.
Josef Käser
Daun

Es gab auch einen G-20-Alternativ-Gipfel! Abgehalten und inszeniert von informierten, engagierten, klugen und weitsichtigen Menschen. Menschen, denen der Erhalt unseres Planeten wichtig ist. Menschen, die keine Büttel und Erfüllungsgehilfen global agierender Konzerne sind und sich "Staatenlenker" nennen. Menschen, die um den wirklichen Zustand der Welt wissen. Menschen, die sich nicht in hohlen, wahltaktischen Politphrasen ergehen, um damit ihre uninformierte Wählerschaft bei Laune zu halten! Für Kompromisse und Aussitzen ist es leider zu spät!
Unter anderen die Trägerin des alternativen Nobelpreises, Vandana Shiva, die beim G-20-Alternativ-Gipfel die Eröffnungsrede hielt. Eine Frau, von der man lernen könnte, wenn man denn wollte!
Bei Angela Merkels G-20-Gipfel waren doch die geladenen Gäste das Problem selbst, und ausgerechnet diese Gäste sollen Pro bleme lösen, die sie selbst erst geschaffen haben? Ungleichheit, Krieg, Terror, Vertreibung, Hunger, Not und Elend, Sklavenarbeit für westlichen "Idiotenkonsum"!
Frau Merkels Statement zur Afrikapolitik war nichts anderes als eine Einladung an Konzerne und Investoren, neben asiatischen Sklaven demnächst auch afrikanische Sklaven im eigenen Heimatland zu beschäftigen. Dringend notwendige Hilfe für Bildung, Gesundheitsvorsorge, Hilfe zur Selbsthilfe für afrikanische Kleinbauern - alles Fehlanzeige!
Der Hamburger Gipfel hat künftigen Generationen weltweit einen Bärendienst erwiesen. So viel ich weiß, hat Frau Merkel weder Kinder noch Enkelkinder. Vielleicht ist ihr Engagement für den Erhalt des Planeten deshalb so kurzsichtig und nur auf das nächste Wahlergebnis ausgerichtet!
Ulrike Möhn
Wittlich

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