Leistung lohnt sich - vor allem die der Ellenbogen

Zum Artikel "Kinderarmut steigt" (TV vom 16. November):

Es ist schlechthin ein Skandal, dass in einem der reichsten Länder Welt Kinder unterhalb des oder am Existenzminimum leben müssen. Dass es jedes sechste Kind in unserem Land trifft, setzt dem ganzen die Narrenkappe auf. Aber was geschieht, um das zu ändern? Oh, sorry, es wurde ja etwas verändert. Die Rasanz, mit der sich die Zahl potenziert. Ein Hoch auf unsere Politik und unsere gewieften Wirtschaftsmagnaten! Während sich unsere Parlamentarier nicht einigen können, ob 7,50 Euro Mindestlohn ausreichend sind oder ob das für die Unternehmen den Ruin bedeuten wird, was unsere Mandatsträger, am Rande erwähnt, schon Jahre beschäftigt, haben sie in zwei Wochen eine Diätenerhöhung um fast zehn Prozent in den nächsten drei Jahren beschlossen. Ein Arbeiter mit Mindestlohn wird bei 40-Stunden-Woche gerade mal knapp 1300 Euro brutto verdienen, manche noch nicht mal das. Die Handy-Rechnung von Bahnchef Mehdorn ist höher, und der verdient mehrere Millionen Euro im Jahr und hat sich sein Einkommen erst mal selbst erhöht, während er die Lokführer beschuldigt, der Volkswirtschaft Schaden zuzufügen. Es drängt sich mir der Verdacht auf, dass uns die Wirtschaft und die Politik damit etwas sagen möchten: Leistung lohnt sich - vor allem die der Ellenbogen! Nur: Die kleinen Leute sind so verbohrt und hören nicht oder nicht richtig zu. Aber ich möchte den Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft am liebsten ins Gesicht schreien, dass Kinder die Zukunft sind. Wenn wir sie in Armut (damit meine ich auch soziale Armut) aufwachsen lassen, vor allem auch Kinder mit Migrationshintergrund, verbauen wir uns unsere Zukunft. Es muss doch möglich sein, dass bei einem Verteidigungshaushalt von mehreren Milliarden Euro jedes Kind die Schulbücher von der Schule gestellt bekommt, kostenfrei an der Schule verpflegt wird und eine Nachmittagsbetreuung bekommt, wenn die Eltern schon für 7,50 Euro den ganzen Tag zu zweit arbeiten müssen. Ein paar Tage weniger Bundeswehr-Einsatz am Hindukusch und die Finanzierung würde stehen. Aber hurra, die Wirtschaft boomt. Nur die wenigsten merken etwas davon, aber die ganz ordentlich. Peter Kühn, Temmels Gesellschaft

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