Mehr Ehrlichkeit, bitte

Politik

Zur Berichterstattung über den sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten Martin Schulz:
Wenn Schulz betont, es sei ungerecht, dass der "kleine Bäcker" brav seine Steuern zahlt, während der internationale Kaffee-Konzern das nicht tut und in Steueroasen flüchtet, und wenn er betont, das werde ein zentrales Thema im Wahlkampf werden, dann ist das eigentlich als Vorzeichen zu werten, dass das Thema nach der Wahl sofort wieder in der Versenkung verschwindet.
Und wenn er betont, dass so viele "hart arbeitende" Menschen kaum genug verdienen, um die Miete zu bezahlen, finde ich das schon sehr dreist, denn in der Zeit des Kanzlers Gerhard Schröder wurde das zur Grundidee der SPD-Politik (Hartz-Gesetze, Mini-Jobs, Leiharbeit, Werkverträge, befristete Arbeitsverträge, um nur einiges zu nennen, was den Sozialabbau für die Arbeitnehmer beschleunigte).
Ich erinnere mich auch, dass in der Schröder-Ära seitens der Politik massenhaft gemeinnützige Wohnungen für Spottpreise an Private verscherbelt wurden. Und war es nicht Franz Müntefering, der solche Aussagen nach der Wahl kommentierte und empört meinte, es sei unfair, Politiker nach einer Wahl an ihren Aussagen im Wahlkampf zu messen?
Ich kann nur hoffen, dass mehr Menschen inzwischen gelernt haben, bei politischen Reden zwischen Bauernfängerei und realen Vorhaben zu unterscheiden. Aber ich will ja nicht vorschnell urteilen. Die Bundesvorsitzende der Jusos, Johanna Uekermann, fordert wie Schulz mehr Gerechtigkeit und meint, man müsse Farbe bekennen; wie Schulz hebt sie hervor, dass die SPD die einzige Partei sei, die diese Themen auch umsetzen wolle und könne - ich muss da an die Rede von Gerhard Schröder 1998 denken. Was Schulz und Uekermann wohl vergessen haben, ist der Umstand, dass der Einsatz für mehr Gerechtigkeit zumeist an einem wichtigen Umstand scheitert, denn an vorderster Stelle müsste die Forderung nach Ehrlichkeit stehen. Mehr Ehrlichkeit ist gefordert von allen zur Wahl stehenden Parteien.
Albert Krewer
Zemmer

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