Nichts gelernt, überflüssig, machtgeil und vergesslich

Politik

Zur Berichterstattung über die Bundestagswahl und die Koalitionsverhandlungen:
Nun haben also die Gespräche zur Bildung einer Jamaika-Koalition begonnen. Schade, dass dabei - wie im Wahlkampf auch - die wichtigsten Themen gar nicht auf den Tisch kommen. Absolute Priorität müssten nämlich Schulden- und Bürokratieabbau haben.
Während wir uns von der schwarzen Null und von den Exportüberschüssen einlullen lassen, hat Deutschland zwei Billionen Euro Schulden und bezahlt in diesem Jahr dafür 20 Milliarden Euro Zinsen. Für Forschung und Bildung geben wir zwei Milliarden Euro weniger aus! Wo man hinschaut, fehlen zweistellige Milliardenbeträge: Bildung, Infrastruktur, Digitalisierung, Stromnetze, Bundeswehr, Beamtenpensionen, Wohnungsbau, Schuldenabbau und so weiter und so fort.
Der Bundestag hat nun 709 Abgeordnete. Zum Vergleich: Im US-Kongress sitzen bei einer mehr als dreimal so starken Bevölkerung 435 Abgeordnete. 299 unserer Abgeordneten sind direkt gewählt worden, 410 kommen über Listen in den Bundestag. Letztere kennt der Wähler überhaupt nicht, und diese müssen sich auch nicht um den Wähler kümmern, sondern nur bei ihrer Partei dafür sorgen, dass sie einen Listenplatz bekommen. Zu den 709 Abgeordneten kommen noch über 100 Abgeordnete, die unsere Interessen in Brüssel vertreten (übrigens: Kennen Sie Ihren EU-Abgeordneten?). Und dann geben wir im Jahr noch 100 Millionen Euro für externe Berater aus. Zu kritisieren ist auch die Mitarbeiterpauschale der Abgeordneten. Von 767 Euro monatlich im Jahre 1970 ist sie mittlerweile auf über 15 000 Euro angestiegen, die Zahl der Mitarbeiter hat sich in diesem Zeitraum verzehnfacht.
Der einfache Bürger kämpft derweil gegen Wohnungsmangel, gegen steigende Mieten und Strompreise und nimmt durch die Nullzinspolitik das Schrumpfen seiner Ersparnisse in Kauf. Es fehlen Tausende Lehrer, Kita-Plätze, Polizeibeamte und Ärzte auf dem Land.
Ist es da ein Wunder, dass die Wähler aufmucken? Es wäre zu wünschen, dass die Politiker die Gründe für das letzte Wahlergebnis wirklich verstanden haben.
Hermann Mezger
Prüm

Weshalb wundert es mich nicht, dass sich die "großen" Volksparteien wundern, so viel an Zustimmung verloren zu haben? Es ist tragisch, dass sie das auch noch völlig falsch interpretieren, das Argument der Kanzlerin ("Ich sehe nicht, was wir anders machen sollten") ist nicht zu toppen.
Na ja, die "Lichtgestalt" Seehofer hat angeblich verstanden, was niemand glauben sollte. Die CSU, die am höchsten mit ihrer Obergrenze von 200 000 und der Anmache an die AfD zweistellig abschmierte, macht genau das, womit man sie an ihre Untergrenze von 38,8 Prozent schickte, sie versteht genau so wenig wie die CDU. Wobei die Anbiederung der CSU an die AfD niemanden wundert, da Bayern schon immer ein guter Nährboden für rechtes Gedankengut war.
Die Leistung der bayerischen Politiker in der Bundespolitik habe ich seit Strauß schon nicht verstanden. Ob die diversen Alleingänge seinerzeit (DDR) oder heute (Russland, Orban) sinnhaft sind, darf bezweifelt werden. Eher ist anzunehmen, dass es sich um Protagonisten mit Machogehabe und gleichzeitigen Minderwertigkeitskomplexen handelt, offensichtlich ein bayerisches Phänomen. Sie sollten sich um Bayern kümmern, wir benötigen sie nicht auf Bundesebene. Für das dortige Mitregieren sollten sie erst die Legitimation durch Wahlen in ganz Deutschland einholen, so wie die CDU in Bayern. Das wäre der einzig faire Auftrag vom Bürger für das Mitregieren im Bund.
Anders werden wir die CSU nicht los, sie kommt mir vor wie ein Schwarm Fliegen im Windschatten der CDU. Außer als Quertreiber in der Bundespolitik wird sie niemand in Erinnerung bleiben. Mir fällt auch absolut nichts ein, wofür sie stehen und wofür sie gewählt werden sollte. Es ist immer noch nicht nachvollziehbar, weshalb man bei der Wahl der CDU die CSU als "Geschenk" dazubekommt. Der Name Schwesterpartei legitimiert nicht.
Um sie endlich aus der Bundespolitik entfernen zu können, muss man die CDU abwählen, diesen ewigen inhaltslosen und ermüdenden Streit braucht niemand. Was hat uns die Liga Seehofer & Co. gebracht? Dobrindts PKW-Maut ist unnötig wie ein Kropf, sie ist unsolidarisch, bringt nichts ein, kostet den Bürger in der Vorbereitungsphase schon über zwölf Millionen Euro. Für irgendeinen Lobbyisten scheint es nützlich zu sein, sonst hätte man in Dobrindt nicht einen so vehementen Fürsprecher gefunden, dass die Kanzlerin bereit war, ihr Wort zu brechen.
Der CDU/CSU wünsche ich eine turbulente Jamaika-Koalition, von der sie getrieben wird, damit sie endlich wach wird, die Kanzlerin nichts mehr aussitzen kann und froh sein wird, nach dieser Legislaturperiode in den Ruhestand gehen zu dürfen.
Rita Assmann
Zemmer

Zum Artikel "Jamaika wird nicht leichter" (TV vom 17. Oktober):
Die FDP-Generalsekretärin Nicola Beer sagt, ihre Partei stehe in Niedersachsen nicht als "Steigbügelhalter" für Rot-Grün zur Verfügung. Ich bin enttäuscht, denn ich habe immer gedacht, dass Politiker mit solch unanständig hohen Diäten ein besseres Gedächtnis hätten. Andernfalls müsste Frau Beer eigentlich wissen, dass vor ein paar Jahren schon mal ein Politiker vollmundig genau die gleiche Aussage gemacht hat, und trotzdem hat er den Steigbügelhalter gemacht. Was die Machtgeilheit doch alles bewegen kann.
Ernst Hahn
Kröv

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