Nur getretene Hunde bellen

Zu "Nicht der Weisheit letzter Schluss" (TV vom 19. Juni):

Bei den Koalitionsgesprächen über eine Reform der Pflegeversicherung präsentieren sich Merkel & Co. in schwarz-roter Eintracht einmal mehr als historischer Missgriff. Gewählt, um eine handlungsfähige Regierung zu bilden, erschöpfen sie sich zunehmend in Sinnlosigkeiten, die dem Bürger weiter in die Tasche greifen, sonst nichts. Und wenn wirklich einmal ein tolles Projekt auf dem Markt erscheint (Beispiel: Ausbau der Kindertagesstätten), dann bläst einer wie der abgehalfterte Oberbayer zum Sturm auf diese Idee - nur um die Deutschen zu erinnern: Mich gab's mal! Zu dem ausgezeichneten Interview mit dem Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen zur Mini-Pflege-Reform eine Ergänzung: Raffelhüschen spricht mit Recht das individuelle Pflegerisiko an, das in der Finanzierung überhaupt keine Rolle spielt. Experten weisen nach, dass dieses Risiko durch entsprechenden Lebenswandel beeinflusst werden kann. Das deutsche Problem ist nicht nur der demografische Wandel und die älter werdende Bevölkerung, sondern vor allem ansteigendes Übergewicht, Bewegungsvermeidung, exzessiver Alkoholmissbrauch und Tabakgenuss. Ratschläge der Kabinettsleute zum Thema sind überflüssig. Helfen könnte Druck auf jeden Einzelnen, sein individuelles Gesundheits- und Pflegerisiko durch Eigenvorsorge zu senken. Motto: "Ich kann nicht, heißt will nicht. Das gibt's nicht!" So lange immer wieder nur Beiträge erhöht werden, entsteht in den Hinterköpfen die Gewissheit: "Geld ist da. Ich bin versichert. Ich muss nichts tun!" Um etwa zu ändern, braucht es Regierungsmut und Durchsetzungsfähigkeit. Wie war das mit dem Amtseid der Kabinettsmitglieder? Den Nutzen des deutschen Volkes mehren, Schaden von ihm wenden und Gerechtigkeit gegen jedermann üben. Na also! Danach handeln. Und wenn einige jammern - nicht darum kümmern: Nur getretene Hunde bellen.Wolf-Rüdiger Wulf, Trier PFLEGEVERSICHERUNG

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