Schnickschnack aus China

Zu Halloween meint dieser Leser:

Seltsam, dass ein jahrhundertealter irischer Brauch seit den 90er Jahren über die USA nun nach Deutschland kommt. Seltsam auch, dass wieder alle munter mitmachen.

Zwar finden bei Umfragen die Menschen die zunehmende Kommerzialisierung des gesellschaftlichen Lebens stets bedenklich, andererseits machen aber auch alle immer schön mit - wie Tucholsky schon sagte: Was die Konzerne uns vorsetzen, konsumieren wir.

Als der Golf-Krieg 1990/91 dazu geführt hatte, dass man Karnevalsveranstaltungen absagte, fand die "Fachgruppe Karneval im Verband der deutschen Spielwarenindustrie" ein neues Fest, das die Kassen klingeln lässt: Der Umsatz mit Halloween-Artikeln wird inzwischen auf über 150 Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Spinnen-Dekoration, Plastikskelette und -kürbisse, alle für Hungerlöhne "made in China".

Daran Kritik zu üben ist verpönt - schließlich ist es doch ein Fest für unsere "Kleinen". Denen kaufen wir dann eben noch ein zweites Mal den Schnickschnack, der sonst nur einmal im Jahr, nämlich zu Karneval, verkauft würde, und die Halloween-Partys für Familien bieten das bekannte Bild: Mütter sitzen bei Sekt oder Kaffee an den Tischen, Väter stehen mit einer Flasche Bier herum, und die Kinder laufen in der Gegend umher und dürfen sich mit sich selbst beschäftigen. Wie schön, wenn man gemeinsam und miteinander etwas unternimmt!

"Für uns ist Halloween nach Weihnachten und Ostern inzwischen zum drittwichtigsten Ereignis im Jahr geworden", so der Bundesverband deutsche Süßwaren-Industrie. Auch der Verband des deutschen Einzelhandels freut sich: "Immer mehr springen auf den Zug auf." Nächstes Jahr will die Spielzeugindustrie hier übrigens auch einen chinesischen Brauch einführen, habe ich jedenfalls gehört ...

Marco Meng, Trier

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