So werden die Stammtische bedient

Zum Kommentar "Die geschwätzige Republik" (TV vom 3./4. Oktober):

Bei aller Wertschätzung für Damian Schwickerath komme ich jetzt doch nicht umhin, die Art, wie der Volksfreund und insbesondere er mit seinem Kommentar "Die geschwätzige Republik" mit dem "Tag der Einheit" umgeht, nachdrücklich zu bedauern. Es muss alles getan werden, damit auch denen ohne eigene Erfahrung mit der Vorgeschichte unserer Verfassung die entsprechenden Impulse und Werte vermittelt werden sowie das Vertrauen und die Wertschätzung unserer Mitbürger in das ausreichende Funktionieren unserer Demokratie gestärkt wird. In der Ausgabe des TV vom 3. Oktober geschieht das Gegenteil. Auf Seite eins ein "gestohlener Bus" als Aufmacher und sonst nichts zum Feiertag, außer auf Seite drei ein Bericht über die mangelnden Kenntnisse von Jugendlichen dazu - und dann eben Schwickeraths leitender Kommentar, der unsere Republik zu einer "geschwätzigen" mit "nervendem Dauer-Chaos" macht. Da bringen zwei Minister unangebrachte öffentliche Beiträge und wären auf die Gründe für dieses Verhalten zu befragen; da haben zwei führende Politiker einer Partei in einem Teilbereich unterschiedliche Einschätzungen vor dem Hintergrund der Bindung an die Koalitionsvereinbarungen einerseits und die Reaktion der Partei auf neuere Entwicklungen andererseits, die in den üblichen demokratischen Entscheidungsprozess eingehen. Dies alles sind in einer Demokratie normale und legitime Vorgänge, die nur von einem vordemokratischen Einheitsbedürfnis als lästig und abträglich, von demokratisch Interessierten dagegen als Zeichen der freiheitlichen Meinungsvielfalt und Ausfluss der unumgänglichen menschlich-allzumenschlichen Unvollkommenheit gesehen werden. Statt konkreter Einzelfall-Kritik werden mit der Beschreibung als "geschwätzig" und "Chaos" - wie dann von anderer Seite auch als "faul, inkompetent, korrupt" - Politik und Politiker von Medien und Unterhaltungskünstlern als den tatsächlich Geschwätzigen verallgemeinernd diffamiert. Und so werden zum Schaden der Demokratie die Stammtische bedient, die mit derartigen Pauschalurteilen die vielen redlich und mit überdurchschnittlichem Zeitaufwand im politischen Raum Engagierten allein gelassen und sich daraus noch ein Alibi für das politische Nichtstun machen - eine unheilige Allianz, die doch nicht wirklich im Sinne des Autors sein kann!? Jürgen Uecker, Manderscheid politiker

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