Spiegelbild der Gesellschaft

Die Erzeugung von Biogas-Strom hat, neben sehr vielen Vorteilen, auch Nachteile. In vielen Punkten teile ich die beiden Lesermeinungen. Doch wenn sich Hartmut Garth darüber beklagt, dass der Maisanbau die Umwelt belastet und die Verbraucherpreise für Energie und Nahrungsmittel steigen lässt, dann muss dies auch hinterfragt werden.

Der Anteil des Biogasstroms machte 2005 circa 0,32 Prozent der deutschen Gesamtstromproduktion aus. Dies dürfte sich kaum auf den Strombezugspreis auswirken. Und was ist zum Beispiel mit unserem Brot? Von etwa 190 Euro, die im Durchschnitt pro Kopf und Jahr für Brot- und Backwaren ausgegeben werden, kommen nur neun Euro bei den Landwirten an. Zu wenig, um als Landwirt bestehen zu können. Wurden 1950 noch rund 44 Prozent des Einkommens für Nahrungsmittel ausgegeben, sind es heute nur noch zwölf Prozent. Wohnung, Freizeit und Verkehr sind längst wichtiger geworden als Nahrungsmittel, die in einer intakten Umwelt erzeugt werden. Mit nur geringen Mehrausgaben der Verbraucher ließe sich eine flächendeckende und umweltbedachte Landbewirtschaftung dauerhaft sichern. Das scheint aber nicht gewollt zu sein, denn seit Jahrzehnten werden durch Marktregelungen und einem weltweiten(!) Subventionswahnsinn die Erzeugerpreise der Landwirte nach unten gedrückt. Stetige Warnungen und Proteste der Landwirte wurden oft als haltloses Jammern verurteilt. Viele Landwirte haben, weil sie kaum noch Perspektiven sahen, deshalb in der Biogasstromerzeugung ausreichende Verdienste gesucht. Die aufgezeigten negativen Umwelteinflüsse sind daher quasi auch ein symbolisches Spiegelbild dessen, was Agrarpolitik und Gesellschaft der Landwirtschaft in der Vergangenheit angetan haben. Es ist deshalb nicht angebracht, den Finger allein auf die Biogas-Landwirte zu richten. Vielmehr ist die gesamte Gesellschaft gefordert, mit Natur, Umwelt und unseren Ressourcen verantwortungsvoll umzugehen. Stefan Neyses, Brimingen

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