Tiger oder Hasenfuß?

Politik

Zur Berichterstattung über die Landtagswahl in Schleswig-Holstein, insbesondere zum Kommentar "Schulz unter Wasser" (TV vom 8. Mai):
Werner Kolhoff hat recht, wenn er schreibt, dass den Sozialdemokraten so langsam die Beschönigungen für ihre Wahlschlappen ausgehen. Und schuld daran ist ausgerechnet der Mann, der mit der richtigen Themensetzung wieder Begeisterung im linken Lager auslöste - Martin Schulz.
Wenn der rote Tiger am Ende nicht als Bettvorleger landen will, sollte er schnellstens begreifen, dass er mit bloßen Absichten und Ankündigungen nicht viel reißen wird. So langsam beschleicht die Bürger das Gefühl, dass auch dieser Kandidat sich alle Türen für die Zeit nach der Bundestagswahl offenhalten will. Bis hin zu einer weiteren großen Koalition. Das mag einerseits vernünftige Taktik sein, andererseits ist dieses Verhalten sattsam bekannt. Und weil die Gefahr besteht, dass dabei letztendlich wieder nur faule Kompromisse herauskommen, könnten viele, die große Hoffnungen in diesen Mann setzten, sich nun schwer enttäuscht abwenden. Dann aber wohl für eine sehr, sehr lange Zeit. Martin Schulz muss jetzt beweisen, dass er es ernst meint mit seiner völlig richtigen Forderung nach mehr Gerechtigkeit in unserem Land.
Dazu gehört aber etwas, was zuletzt ausgerechnet seine direkte Gegenspielerin Angela Merkel 2015 auf dem Höhepunkt des Flüchtlingsdramas bewies: Courage. Die SPD hat zusammen mit Grünen und Linken schon jetzt die Mehrheit im Bund und damit die Möglichkeit, gemeinsame Kernanliegen durchzusetzen.
Warum tut sie es nicht? Weil alle ängstlich auf den "Tag danach" schielen. Sicher, eine Regierung platzen zu lassen ist nicht jedermanns Sache. Und doch ist nur über diesen Weg den Bürgern klarzumachen, dass man es wirklich ernst meint mit dem Willen, dramatische Fehlentwicklungen in unserem reichen Land korrigieren zu wollen. So mutig und entschlossen, wie Sigmar Gabriel den Kandidaten Schulz ins Spiel brachte, so entschlossen sollte dieser jetzt den Beweis dafür antreten, dass er der richtige Mann fürs Kanzleramt ist.
Hat er die Courage dazu?
Hasenfüße haben zuweilen das Talent, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Schlachten haben sie noch nie gewonnen.
Peter Trauden
Heilbach

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