Trifft voll ins Schwarze

Zur Karikatur "Flagge zeigen" (TV vom 10. Januar):

Tomiceks Karikatur des hessischen Ministerpräsidenten Koch mit der NPD im Schlepptau seiner Wahlkampagne trifft voll ins Schwarze: Bezeichnenderweise hat Koch nicht einen der zahlreichen antisemitisch, fremden-, behinderten-, schwulenfeindlichen oder politischen motivierten Überfälle meist jugendlicher Neonazis zum Anlass seiner Forderung nach Verschärfung des Jugendstrafrechts genommen - obwohl er bei durchschnittlich drei Neonazi-Überfällen pro Tag eine große Auswahl hatte -, sondern den ebenfalls sehr brutalen (und fremdenfeindlichen) Angriff zweier alkoholisierter ausländischer Jugendlicher auf einen deutschen Rentner in München. Über Kochs Kampagne und besonders über ihre Begründung kann sich die NPD tatsächlich nur freuen.Die Ursachen der Jugendgewalt sind ebenso bekannt wie vielfältig. Hier zeigen sich gesellschaftliche und familiäre Defizite oft sehr direkt. Ebenso vielfältig wie die Ursachen muss auch die Abhilfe sein: bessere Bildung in einer Schule für alle, mehr Ausbildungs- und Arbeitsplätze, mehr soziale und therapeutische Hilfe für schwierige Jugendliche und Familien, Ächtung der familiären Gewalt, bessere Justiz. Härtere Strafen sind unwirksam, da sie nicht an den an den Ursachen der Gewalt ansetzen und da besonders Jugendliche eher emotional und impulsiv, also oft irrational handeln. Das zeigt auch Kochs Vorbild USA. Aber offenbar geht es Koch weniger um die Lösung eines ernsten gesellschaftlichen Problems als vielmehr darum, wieder einmal mit einer fremdenfeindlichen, populistischen Propaganda-Kampagne eine Landtagswahl zu gewinnen. Es ist zu hoffen, dass seine zynische Rechnung diesmal nicht aufgeht.Robert Seidenath, Gusterath gesellschaft

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort