Ungerecht und verletzend
Zum Artikel "Unerfüllter Kinderwunsch belastet viele Paare" (TV vom 2./3. August):
Die Bundesregierung glaubt, mit ihrer Kampagne "Du bist Deutschland" Paare im gebärfähigen Alter ermuntern zu können, sich für ein Leben mit Kind zu entscheiden. Das Elterngeld wurde eingeführt, Betreuungsangebote werden in den nächsten Jahren ausgebaut, Väter werden darin bestärkt, sich mehr Zeit für den Nachwuchs zu nehmen oder an Stelle der Mutter fürs Kind zu Hause zu bleiben.
Das sind sicherlich alles mehr oder weniger sinnvolle Maßnahmen, doch wird versäumt, die grundlegenden Voraussetzungen zu schaffen, damit sich ein Kind überhaupt auf den Weg machen kann, wenn es auf natürlichem Wege nicht funktioniert. Die Kasse übernimmt lediglich 50 Prozent der Behandlungskosten. Der Beitrag, den die Paare leisten müssen, geht, je nach Behandlungsmethode oder -dauer, in die Tausende. Ein Schwangerschaftsabbruch dagegen wird bei verschiedenen Indikationen zu 100 Prozent von den Kassen gezahlt. Ist das gerecht? Auf Grund der enormen Kosten müssen viele Paare auf ihr "Wunschkind" verzichten. Für die Betroffenen ist das eine dramatische Situation, an der nicht wenige zu zerbrechen drohen. Oft dauert es ein halbes Leben, bis man es schafft, sein Dasein mit anderen Inhalten zu füllen. Und immer wieder wird den "Kinderlosen" die Schuld am demographischen Wandel gegeben, es wird über eine Steuer für "Kinderlose" diskutiert, die Pflegeversicherung für "Kinderlose" wird teurer und so weiter. Die Bundesregierung gibt Studien in Auftrag, weil sie herausfinden will, warum so viele Paare kinderlos bleiben, mit dem fadenscheinigen Ergebnis, die berufliche Karriere stehe im Vordergrund. Daraus resultierend startet man eine teure Kampagne, anstatt denen Unterstützung zukommen zu lassen, die ein Kind mit offenen Armen und von ganzem Herzen annehmen würden. Man sollte auch die Forschung unterstützen, damit man der Ursache auf die Spur kommt, warum so viele Männer und Frauen keine Kinder bekommen können. Es hat nämlich nicht immer mit dem Alter zu tun! Und zum guten Schluss sollte das Wort "Kinderlose" zum Unwort des Jahrzehnts gewählt werden, denn es tut weh, als Wunscheltern in die Schublade "Egoisten" verfrachtet zu werden.
Kerstin Kröffges-Hahn, Wallscheid
Kinder