Vermozärtelter Süßschreiber

Ohne Zweifel: Peter Singer war grandios in der Rolle des Autors. Aber wer ermessen will, wie groß er wirklich war, der muss in "Mein Leben mit Mozart" lesen. Daraus ein paar Proben: "Der prachtvolle Leib, der ebenso wie Töne herrliche Kinder hätte hervorbringen können." Wie bitte?

"Demnach warst Du eine verzögerte Liebe auf den ersten Blick, Mozart." Nanu, geht denn das? "Da sich die Zeit krümmt, entspringt ihr sekundenschnell die Zukunft." Krümmt sich da nicht ein wenig der Verstand? Oder: "In diesem stürmischen Orchester, das in Wogen und Synkopen den Gesang fieberhaft unterstützt, wie Wellen, die eine Stimme tragen..." Toll, dass bei Mozart die Synkopen wogen: Jetzt wissen wir's endlich, was uns so mitreißt. Oder noch anders: "Das Plätschern der Wellen als Echo der verwundeten Herzen..." Ohne Zweifel: Eric-Emmanuel Schmitt ist ein lieblich parfümierter Vertreter des Edelkitschs. Und er ist bisweilen schlicht unverschämt: "...Weil wir es gewohnt waren, mit anderem als unseren Körpern zu gefallen, Du mit Deiner Musik und ich - in geringerem Maß(!) - mit Wörtern." Und wir Zuschauer hätten das wirklich alles gehört? Und uns wäre nichts davon aufgefallen? Ohne Zweifel: Das war nur möglich dank Peter Singer, der die wohlig knisternde Halbseide dieses vermozärtelten Süßschreibers grandios zu überspielen vermochte. So etwas kommt vor auf dem Theater, aber selten. Prof. Dr. Hartmut Köhler, Trier

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