Viele Baustellen im Schulsystem

Zu den Artikeln "Grundschule künftig bis zur sechsten Klasse?" und "Vorteile für Kinder und Kommunen" (TV vom 22. Februar):

Der Gemeinde- und Städtebund (GSTB) tritt für die sechsjährige Grundschulzeit ein und hat dafür ökonomische Argumente, die er mit pädagogischen zu stützen versucht. Ökonomische Überlegungen von Kommunen sind unbestritten legitim, besonders in einer Zeit des demographischen Wandels und der damit verbundenen Entvölkerung des ländlichen Raums. Um nun die (wenigen) Schüler zwei Jahre länger im ländlichen Raum zu halten und den Mittel- und Oberzentren Geld für deren Beförderung zu sparen, sollen Grundschulstandorte um die Jahrgänge fünf und sechs erweitert werden.Mit wie viel Geld und an wie vielen Orten, fragt sich der interessierte Leser. Wieso handelt es sich nur um "vermeintliche Mehrkosten"? Frei werdende Klassenräume alleine genügen nicht für eine Erweiterung der Grundschule. Können die Gelder nicht effektiver eingesetzt werden, wenn zuvor ein Raumordnungskonzept erstellt wird, das alle Faktoren in ihrem Zusammenwirken berücksichtigt? Jedenfalls sind in den Mittel- und Oberzentren Orientierungsstufen mit erprobten und differenzierten Konzepten ohne Neu-Investitionen vorhanden. Als pädagogisches Hauptargument pro sechsjährige Grundschule wird die für den Wechsel günstigere Zeit der Pubertät herausgestellt. Wie aber wirklich jeder weiß, ist nicht die Übergangszeit zur Pubertät "kritisch", sondern die Pubertät selbst, während der schulisches Lernen nicht gerade im Mittelpunkt des Interesses steht. Dass politische Kreise in Mainz den Vorstoß "zurückhaltend aufgenommen" haben, hat vielleicht damit zu tun, dass mit der punktuellen Einführung von G8, dem Ausbau des Ganztagsschulangebots sowie der geplanten Abschaffung der Hauptschule bei gleichzeitiger Einführung der Realschule Plus bereits genug "Baustellen" im schulischen Bildungssystem vorhanden sind.Obwohl die im TV zitierten Argumente von Experten in ihrer Widersprüchlichkeit für den GSTB nicht gerade hilfreich wirken, scheint der pädagogische Beratungsbedarf der kommunalen Fachleute erheblich zu sein. Ein Erfahrungsaustausch mit Niedersachsen, wo die Orientierungsstufe wieder von den Grundschulen an die weiterführenden Schulen zurückverlagert wurde, könnte lohnen. Bisher jedenfalls sehe ich in Rheinland-Pfalz weder "Vorteile für Kinder" noch für "Kommunen".Hanne Kuhfuß, Trier bildung

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