Virus der Geldgier

Zur US-Finanzkrise und den Folgen für die Weltwirtschaft erhielt wir diese Zuschrift:

Lehman Brothers ist zusammengebrochen und Merrill Lynch an demselben Schicksal nur durch Notverkauf knapp vorbei geschrammt. Sogleich das rituelle und schon gewohnte Heulen und Zähneklappern durch Wackeln der Aktienkurse.

Diesmal, zugegeben, etwas heftiger, weil die US-Regierung die beiden Investmenthäuser ihrem Schicksal überließ und dem schlechten Geld kein gutes aus den Taschen der Steuerzahler hinterher warf. Recht so und Beispiel merken, falls wieder mal eine Bank in Deutschland ins Trudeln gerät. Privatisieren der Gewinne, Sozialisierung der Verluste - das ist der falsche Weg. Leider habe ich bislang keinen Kommentar zu der an sich brennenden Frage gelesen, ob und gegebenenfalls was das westliche Bankensystem aus dem selbst verschuldeten Chaos lernt. Eine Folgerung allerdings ist mir auch noch nicht aufgefallen - nämlich die, dass offenbar bei den Banken bis in die höchsten Spitzen Leute arbeiten, die zwar vom Virus der Geldgier infiziert sind, jedoch reichlich wenig von ihrem Job verstehen.

Wenn mein Schuster mir die Schuhsohlen in vergleichbarer Qualität an meine Treter klebt, mit der die Investmentbanker Investmentzertifikate handeln, mit der sie Schrottpapiere als profitable Geldanlage nicht nur verkaufen, sondern sich auch noch ins eigene Portefeuille legen - ich würde mir einen anderen Schuhmacher suchen.

Wenn angesichts der anhaltenden Krise die Banken nunmehr noch vorsichtiger agieren und die Bonität eines potenziellen Kreditnehmers akribischer als ehedem prüfen - vielleicht wäre es eher angebracht, die Bonität derjenigen Leute in regelmäßigen Abständen unter die Lupe zu nehmen, in deren Hände Wohl und Wehe des Finanzsystems liegen.

Und wenn die Aktionäre der Banken dies nicht für nötig erachten - gut, dann lasst bei derlei Sorglosigkeit die Banken pleite gehen und die Anteile gegen Null rutschen!

Wolf-Rüdiger Wulf, Trier

wirtschaft

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