Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen

Zum Leserbrief "Milch-Seen gibt es schon lange nicht mehr" (TV vom 15. August):

In diesem Leserbrief wird Politikern vorgeworfen, ein kurzes Gedächtnis zu haben. und Ministerin Bärbel Höhn geraten, "besser den Mund zu halten oder sich nicht als Expertin zu bezeichnen". Vorsicht, Frau Bothe, wer selbst im Glashaus sitzt, sollte bekanntlich nicht mit Steinen werfen! Wie sieht es denn mit dem Erinnerungsvermögen der Funktionäre des Bauernverbandes aus? Bereits im Frühjahr 1998 erkannten SPD-Bundestagsabgeordnete, dass die Garantiemengen-Regelung für Milch die seinerzeit gesetzten Ziele nicht erreicht hat, und sich die wirtschaftliche Lage der Milchbauern auf einem katastrophalen Tiefstand befand. Daher forderten sie, alternativ zur Quote auf Lieferrechte umzusteigen, wodurch den Milcherzeugern die hohen Quotenkosten erspart geblieben wären (BT-Drs 13/9761). Der Antrag wurde abgelehnt. Stattdessen wurde das vom Bauernverband propagierte Börsenmodell durchgesetzt, das nach dessen Ansicht die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Milchwirtschaft stärken und auch eine deutlich stärkere Position der aktiven Milcherzeuger bringen sollte. Mit dieser Meinung war der Deutsche Bauern-Verband (DBV) damals ziemlich alleine. Das bayerische und das rheinland-pfälzische Landwirtschafts-Ministerium sahen in diesem Konzept keinen Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Milchwirtschaft. Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) warnte, dass durch diese Regelung der Übergang von Quoten nach wie vor mit einem untragbaren finanziellen Aufwand für die Betriebe verbunden und daher keine Verbesserung gegeben sei. Auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) mahnte, dass die Regelung zu einem weiteren Kapitalabfluss aus den Betrieben führe, da Quoten gekauft werden müssten. Heute kann jeder Milcherzeuger selbst beurteilen, wer Recht behalten hat! In einem Interview mit top-agrar (Ausgabe 2/2007, S. 10) äußert sich der neue Milchpräsident des DBV, Udo Folgart: "Die Quotenregelung hat den aktiven Milcherzeugern nichts gebracht. Im Gegenteil: Sie schwächt die guten Unternehmer und schränkt unternehmerisches Handeln ein. Die wachsenden Betriebe haben zusätzliche Kosten durch Quotenkauf und -pacht zu tragen." Schade, dass der DBV zu dieser Einsicht erst gelangt, nachdem bereits der größte Anteil der Quoten von den Milchbauern gekauft und teuer bezahlt worden ist! So viel zu Gedächtnislücken und selbsternannten Experten!Petra Lorsbach, Olzheim lebensmittel

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