Wie das Kaninchen vor der Schlange

Zum x-ten Mal rauscht die Kritik am deutschen Schulsystem durch den Blätterwald. Diesmal vorgetragen durch den UN-Inspektor Munoz. Wie das Kaninchen vor der Schlange erstarrt die deutsche Medienlandschaft und Öffentlichkeit vor solcher Thesenwucht, lässt duldsam die Kritik über sich ergehen.

Ach, ist Selbstmitleid nicht herrlich?! Mehr als ärgerlich ist die wiederholte Übernahme solcher pauschalen Aussagen, die nichts anderes sind als ein gebetsmühlenhaftes Aufwärmen bekannter Argumente und das bereits seit den 70er-Jahren. Wenn zum Thema notwendige Qualitätsverbesserung des Bildungssystems in erster Linie das dreigliedrige Schulsystem herausgegriffen wird, ist dies aber der falsche Weg und auch Unsinn. Lange vor Pisa, bereits Anfang der 60er-Jahre gab es zum Beispiel die so genannte FISS-Studie. Ergebnis: Deutschland belegte in Mathematik den elften Platz von zwölf Industriestaaten. Und was beweisen solche Untersuchungen? Gebracht haben die vielen Studien nur aufgeregte Betriebsamkeit, ideologische Grabenkämpfe und bildungspolitische Hektik. Warum schneiden Schüler anderer Länder besser ab? Vielleicht nur deshalb, weil die Qualität des Lehr- und Lernprozesses insgesamt einfach besser ist. Das zu erkennen, braucht es keine Schulstrukturdebatten, die insgesamt mehr verschleiern als aufklären. Was sich bei uns verändern muss, ist doch längst bekannt: individuelle Förderung, Schulvielfalt, weniger Stundenausfall, pädagogisch hervorragend ausgebildete und motivierte Lehrer, verlängerte Grundschulzeit, lerngerechte Methoden, mehr Autonomie für Schulen, die richtigen Schüler auf die richtigen Schulen, Ganztagsangebote, Verzahnung mit Kindergärten und vor allem mehr Geld. Unser mehrgliedriges Schulsystem ist eine gute Basis und bietet genügend Möglichkeiten, die notwendigen Veränderungen selbst anzugehen. Gute Ideen müssen aber die Chance haben, verwirklicht zu werden - Beispiel Realschule: Einführung einer elften Klasse, die besonders qualifizierten Schülern die Fachhochschulreife verleiht. Keine langatmigen Debatten mehr, sondern konkrete Hilfen und das schnell, damit Schulen das tun können, wofür sie da sind: Schüler gemäß ihren Potenzialen ausbilden, um sie auf die schwieriger werdende Lebenswelt vorzubereiten. Patrick Haas, Vorsitzender des Förderkreises der Freiherr-vom-Stein-Realschule Bernkastel-Kues

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