Wirtschaft

Zum Artikel "Jugendliche für Aktien begeistern" (TV vom 15. Juli) und zu den internationalen Finanzmärkten:

Auch in diesem Jahr beteiligt sich der TV wieder am Planspiel Börse der Sparkassen. Nur hat sich wohl noch nie jemand Gedanken gemacht, wem das Ganze eigentlich nützt. "Das ist ein Projekt, [...] das junge Menschen vom Sparen überzeugt" - diese Aussage ist in diesem Zusammenhang äußerst zweifelhaft. Also: Junge Menschen können über etwas mehr als zwei Monate virtuelles Geld anlegen, und der mit der höchsten Summe im Depot gewinnt. Es sollte doch jedem klar sein, dass ein "Sieg" in dieser kurzen Zeit nur mit einer äußerst riskanten Anlagestrategie möglich und zu einem guten Teil Glückssache ist. Mit einem Depot bei der Sparkasse kann man auf Nachrichten im Volksfreund nämlich gar nicht effektiv reagieren: Mittlerweile finden im Hochfrequenzhandel mehrere Transaktionen pro Sekunde statt, bis die Nachricht in der Zeitung steht und die Sparkasse die Order ausgeführt hat, hat die Börse schon längst reagiert und sich schon wieder korrigiert. Grundsätzlich ist die Idee, die Börse zur Geldanlage zu nutzen, ja in Ordnung - betrachtet man den mittlerweile gar nicht mehr vorhandenen Sparzins. Das Problem ist nur, dass an einer Strategie, wie sie in diesem Spiel gefördert wird, nur die Banken verdienen. Die verdienen nämlich bei jeder Transaktion. Langfristig lässt sich mit einer solchen Strategie aber als Anleger nur mit sehr viel Glück etwas verdienen. Die allerwenigsten Fondsmanager, die den ganzen Tag nichts anderes machen und gut dafür bezahlt werden, schlagen die Benchmark konstant über mehrere Jahre, schon allein weil die Verwaltung und die Transaktionen den Gewinn schmälern. Wenn man sich einfach ein Indexzertifikat, sagen wir über den Dow Jones oder den MSCI World kauft und ein paar Jahre später nachschaut, kann man sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit über einen schönen Gewinn freuen (Jugendliche sollten ja eigentlich langfristig planen). Nur verdient die Bank nichts dran, und beim Planspiel Börse kann man so nicht gewinnen. Und wenn schon zocken angesagt ist, dann bitte richtig mit RealTime-Orders, Optionen und Warentermingeschäften. Vielleicht wäre aber dann die Lotto-Annahmestelle um die Ecke die richtige Adresse - oder noch besser der Pokertisch im Casino: Da macht Können nämlich tatsächlich einen Unterschied! Vielleicht könnte man am 14. Dezember ja dann mal eine Auswertung abdrucken, ob die Teilnehmer in Summe Gewinn oder Verlust gemacht haben und wie viel die Banken an den Transaktionen verdient hätten?! Stephan Brunker, Neuerburg

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