Zu fein und zu feige

Zum Artikel "Schwarze Zukunft für weiße Kittel" (TV vom 21. Mai):

Die Politikverdrossenheit und der darin mündende Entschluss des Wahlboykotts bekommen durch die Äußerungen der für Gesundheitspolitik eigentlich verantwortlichen, aber leider nie zur Verantwortung für Fehlleistung gezogenen Ministerin eine kräftige Dopingspritze. Als Gesundheitsarbeiter an der Basis müssen wir uns gegenüber den Patienten für die Sparpolitik und Rationierung rechtfertigen. Das ist ein frustrierendes Tagesgeschäft. Die politisch Mächtigen tragen die Verantwortung dafür, bürden aus wahltaktischen Gründen aber den Ärzten die kostenlose Erbringung auf.Was haben wir Diskussionen zu führen, für die sich Politiker zu fein und zu feige sind! Wenn Ulla Schmidt eine Ausgabensumme nennt, müssen ehrlicherweise davon abgezogen werden: die horrenden Verwaltungskosten der rund 300 Krankenkassen; die kommenden Verwaltungskosten für Gesundheitsfonds, E-Card, DMP etc.; die unsinnigen 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Medizinprodukte; die Kosten, die dadurch entstehen, dass Anbieter von Originalpräparaten ihre Preise ohne Verhandlung diktieren können, die im Ausland mit Verhandlungspflicht zum Teil 40 Prozent billiger sind; die Folgekosten des Ärztemangels mit Notwendigkeit der Bezahlung von Ersatzhausbesuchskräften, die auch nicht billiger arbeiten können als Ärzte, die etwa 13 Euro pro Hausbesuch bekommen, wenn sie mehr Hausbesuche machen müssen als der Durchschnitt, sogar ein Bruchteil davon.Dafür arbeitet sonst keine Berufsgruppe, schon erst recht keine mit zwölf Jahren Ausbildung. Solange Wegschauen, Verdrängen und Schönreden sowie Sanktionierung der Geldvernichtung durch Bürokratie politische Markenzeichen sind und die notwendige Arbeit anderen zur kostenlosen Erbringung aufgebürdet wird, wird die Versorgung am Patienten zwangsläufig schlechter und die Politikverdrossenheit ein von Politikern selbst zu verantwortender Flächenbrand. Aber wir zahlen ja die fürstlichen Pensionen der dann ausgemusterten Herrschaften bis zum Lebensende ohne Murren. Welch ein Paradies.Dr. med. Gunther Aurich, Gusterath gesundheit

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