a{+2} + b{+2} = c{+2}

Wir laden Sie, liebe Leserin, lieber Leser, zum Dialog ein. Sagen Sie uns Ihre Meinung! Das Motto: Leser fragen - die Chefredaktion antwortet.

Zu den Leserbriefen "Nein" und "Ja", die kürzlich veröffentlicht worden sind, schreibt Stefan Mayer aus Trier: Auf welches Niveau hat sich der TV inzwischen herabgelassen, dass er eine Veröffentlichung von den angeblich kürzesten Leserbriefen ohne Bezug nehmenden Inhalt mit den Worten "Ja" und "Nein" preisgibt? Viele wirklich interessante Zuschriften werden nur zum Teil veröffentlicht, da sie schon im Vorfeld redaktionell selektiert werden. Da es sich hierbei noch nicht mal um Briefe handelt, erscheint mir dies unverständlich und primitiv zugleich. Davon abgesehen haben sich die Zusender auf ein ebenso niedriges Niveau herabgelassen. Wenn man wenigstens einen Ansatz von Humor erkennen würde ...

Lieber Herr Mayer,

vielen Dank für Ihre Zuschrift. Die kürzesten Wörter, nämlich "ja" und "nein", erfordern das meiste Nachdenken. Dieser Satz wird dem alten Griechen Pythagoras zugeschrieben, ebenso wie der andere Satz, der mit dem rechtwinkligen Dreieck und den Katheten-Quadraten und dem Hypotenusen-Quadrat, Sie wissen schon: a{+2} + b{+2} = c{+2}. Das eine ist philosophische Weisheit, das andere exakte Wissenschaft. Das eine ist "Meinung" (man kann es diskutieren und möglicherweise anders sehen), das andere ist "Fakt" (mathematisch bewiesen, hieb- und stichfest).

Die Länge von Leserbriefen lässt sich leicht bestimmen: durch das Zählen von Zeilen. Und die "Geometrie" einer Zeitungs-Seite ist ebenfalls ohne besondere Rechenkünste zu erfassen: Foto, größere Artikel, kleinere Meldungen. Damit alles zusammenpasst, müssen die Texte bearbeitet (redigiert) werden. Das gilt auch für Leserbriefe. Eines kann ich Ihnen versichern: Interessante Zuschriften werden garantiert nicht aussortiert oder einschneidend gekürzt, sondern veröffentlicht. Klassische Gründe für die Ablehnung sind dagegen: zu lang, nicht mehr aktuell, Thema in anderen Leserbriefen bereits umfassend von allen Seiten beleuchtet, offener Brief, nicht überprüfbare Tatsachenbehauptungen, beleidigend, extreme Meinung, Handschrift nicht leserlich, Partei-Kampagne, zu werblich. So weit zu den formalen Kriterien.

Die inhaltliche Qualität von Leserbriefen - generell: von Texten - lässt sich nicht präzise vermessen. Das käme der Quadratur des Kreises gleich. Die einen finden "Nein" und "Ja", die "kürzesten Leserbriefe aller Zeiten", originell und witzig, die anderen unverständlich und niveaulos. Die Einsender haben über die zuvor in einer Guten-Morgen!-Kolumne aufgeworfene Frage nachgedacht: "Denn irgendwie versteht man sich doch immer, oder?" Das Resultat: "Nein" und "Ja", Ein-Wort-Pointen im Geiste des Pythagoras.

Schönes Wochenende!

Peter Reinhart, stellvertretender Chefredakteur

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