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Zum Artikel "Bloß kein Stress!" (TV vom 7. Oktober):

Der Ruf nach einer Anti-Stress-Verordnung wird lauter. Nach den Gewerkschaften, die bereits einen Entwurf vorgelegt haben, zieht die zuständige Bundesministerin nach und lässt prüfen, wie eine gesetzliche Regelung gegen Stressbelastungen am Arbeitsplatz aussehen könnte. Ich bin überzeugt davon, dass es nicht lange dauern wird, bis man tatsächlich eine solche aus dem Hut zaubern wird - schließlich lieben wir es doch, alles zu normieren und in Paragrafen zu fassen. Und populär ist es anscheinend auch, schaut man die Ergebnisse der Umfragen an. Welcher Politiker springt da nicht gerne auf. Glücklicherweise ist der Mensch, um den es ja geht, immer noch ein Individuum, fähig, eigenständig zu denken, zu empfinden und zu agieren. Genau dort liegt das Dilemma, sollte man eine Verordnung aufsetzen, die den Menschen vor Stress am Arbeitsplatz schützt. Was für den einen im betrieblichen Alltag Stress ist, ist für den anderen das Warmlaufen zur Kür. Stress definiert ein Arbeiter sicher anders als der Angestellte, eine Führungskraft anders als der Produktionshelfer. Eine Verordnung, gleich, wie sie gestaltet ist, greift somit häufig zu kurz oder viel zu weit, selten jedoch trifft sie den Kern des Problems. Stress ist kein Phänomen, das sich alleine auf betriebliche Faktoren reduzieren lässt. Familie, Partnerschaft, Wohnsituation oder finanzielle Verpflichtungen können ebenso Stress auslösen, für den der Betrieb vielleicht nur den Tropfen beisteuert, der das Fass zum Überlaufen bringt. Natürlich kann es sich durch Arbeitsbelastung, Über- oder Unterforderung, betriebliche Konflikte oder Ängste vor Arbeitsplatzverlust auch gänzlich umgekehrt verhalten - das Privatleben gibt einem dann noch den "Rest". Alle Menschen mitzunehmen, sie über den Wert der eigenen Gesundheit aufzuklären und ihnen durch eine, auch betriebliche, Wertekultur Achtsamkeit und Wertschätzung zu vermitteln, führt in meinen Augen zu höherer Akzeptanz als jede gesetzliche Regelung. Maßnahmen wie die Etablierung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements, der betrieblichen Gesundheitsförderung oder familienfreundlicher Arbeitszeitmodelle sind einige der vielen Ansätze, die alle Beteiligten stärken und für Beschäftigte und Unternehmen zu einer "Gewinn-Gewinn-Situation" führen. Staatlich unterstützt werden könnte dies durch steuerliche Anreize, Krankenkassen verstärken ihre präventive Tätigkeit, und "gesunde" Betriebe können durch Zertifikate (wie bei Qualitäts-, Arbeitsschutz- und Umweltmanagementsystemen) gegenüber Mitbewerbern punkten und ihre Attraktivität für Mitarbeiter steigern. Michael Besand, Föhren

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