236 Seiten reinste Eifel-Liebe

Kennen Sie Harry Grobmann? Nein? Das könnte sich bald ändern, denn Harry Grobmann ist auf dem besten Weg, eine Berühmtheit zu werden. Harry, aus Köln stammend, hat 1970 ein ganzes Tal in der Vulkaneifel gekauft, rund 30 000 Quadratmeter Wiesen und Felder, mit ein paar Hütten bebaut, und dort lebt er von seiner Rente das Leben eines im positiven Sinne verrückten, zufriedenen Menschen.

 Marschieren und parlieren: Eifel-Schriftsteller Jacques Berndorf hat mit der „Gebrauchsanweisung für die Eifel“ einen Reiseführer geschrieben, der auch für Einheimische viel Neues bietet. Das große Bild zeigt das Schalkenmehrener Maar. Fotos: TV-Archiv/Ruppenthal, Erwin Franzen

Marschieren und parlieren: Eifel-Schriftsteller Jacques Berndorf hat mit der „Gebrauchsanweisung für die Eifel“ einen Reiseführer geschrieben, der auch für Einheimische viel Neues bietet. Das große Bild zeigt das Schalkenmehrener Maar. Fotos: TV-Archiv/Ruppenthal, Erwin Franzen

Das hat ihm die Bekanntschaft mit Michael Preute eingetragen, ebenfalls ein zugezogener Eifeler, ebenfalls ein positiv Verrückter und vor allem: unter seinem Pseudonym Jacques Berndorf einer der erfolgreichsten Krimi-Autoren in Deutschland. Und dieser Jacques Berndorf, der mit seinen Eifelkrimis schon einiges für die Bekanntheit seiner Wahlheimat getan hat, hat nun für den Piper-Verlag und dessen Serie eine "Gebrauchsanweisung für die Eifel" geschrieben. Diese "Gebrauchsanweisungen" sind eine Art Reiseführer und sind es doch wieder nicht. Zwar beschreiben hier bekannte Einheimische oder gute Ortskundige Landschaften (etwa Reinhold Messner Südtirol), Städte (Reinhold Neven du Mont: Köln) oder gleich ganze Länder (Paul Watzlawick: Amerika), doch es menschelt immer tüchtig und Hoteltipps oder ähnlichen Servicekram aus herkömmlichen Reisführern sucht man vergeblich. Genau deshalb ist auch Harry ein ganzes Kapitel in Berndorfs Gebrauchsanweisung gewidmet - und er ist nur einer von zahlreichen Eiflern, die dank ihres prominenten Fürsprechers mit seiner Bestseller-Garantie künftig einem deutlich größeren Kreis an Menschen bekannt sein dürften. Diverse Grafen, Ritter, Burgfräuleins und Bischöfe mit mehr oder weniger historischen Verdiensten stellt Berndorf im Laufe seiner Eifel-Reise vor, den einen oder anderen (lebenden) Gastwirt oder Koch, Klosterbrüder, Hexen, Hexenjäger, Eifel-Maler und Eifel-Dichter, Krimi-Schreiber Kollegen wie Ralf Kramp oder auch Josef Zierden, den Organisator des Eifel-Literatur-Festivals, auf den Berndorf eine wahre Lobrede hält. Apropos Lobrede: Ein ganz kleines bisschen journalistische Distanz zur Eifel ist auf den 236 Seiten hier und da zwar zu finden, doch insgesamt schreibt hier ein echter Schwärmer, einer, dem man spätestens nach dieser Lektüre abnimmt, wirklich in Land und Leute verliebt zu sein. Sonst hätte er sich wohl kaum derart tief in Fakten und Geschichte eingegraben, dass sein Buch auch für Einheimische eine ganze Reihe spannender Neuentdeckungen bereithält. In lockerem Plauderton springt Berndorf - jeweils passend zur Örtlichkeit - von der Historie zu jüngerer Geschichte, Architektur, Politik, Geologie oder Botanik. Erzählt Anekdoten, kritisiert nebenbei die Nürburgring GmbH oder berichtet von seinen umfangreichen Recherchen als Journalist über den Atombunker der Bundesregierung. Und nicht zuletzt streut Berndorf auch einige autobiografische Anmerkungen ein, die das Buch umso lesenwerter für seine Fans machen.

Einziger Wermuttropfen: die regional etwas unausgewogene Gewichtung in Berndorfs Streifzug durch die Eifel. Er arbeitet sich, grob gesehen von Nord-Ost nach Süd-West durchs Land, und kommt erzähltechnisch vom gemütlichen Sonntagsspaziergang immer mehr zur atemlosen Stippvisite. Je westlicher desto kürzer, viel Ahr, wenig Nims, Prüm, Sauer oder Our - ein bisschen schade ist das schon. Aber insgesamt gilt natürlich: Wer so schön über die Eifel schreibt, dem kann kein Eifeler böse sein.

Michael Schmitz

Jacques Berndorf, Gebrauchsanweisung für die Eifel, Piper, 236 Seiten, 14.90 Euro

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