Standpunkt: Dick aufgetragen

Seit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ihre Pläne zur Verbesserung der Lebensbedingungen in den Kasernen vorgestellt hat, prasseln Spott und Kritik auf sie ein. Hundert Millionen Euro will sie in den nächsten fünf Jahren für die Modernisierung der Unterkünfte, den Ausbau der Kinderbetreuung und Teilzeit-Arbeitsmodelle ausgeben.

Diese Summe, die da ins Personal investiert werden soll, ist angesichts der Milliardenaufwendungen für die Rüstung vergleichsweise gering. Jetzt ist von Kuschelarmee die Rede, von falscher Prioritätensetzung, von der Gefahr, von der Leyen verpasse Soldaten ein Weicheier-Image und natürlich davon, dass sie nichts vom Militär verstehe. Welches Expertenwissen brachten noch gleich ihre Vorgänger de Maizière, zu Guttenberg, Jung, Struck, Scharping etc. mit? Aber ach ja, eine Frau an der Spitze der Streitkräfte - das musste ja so kommen. Die Bundeswehr ist kein Arbeitgeber wie jeder andere, aber sie muss mit den anderen konkurrieren. Seit Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht fällt es immer schwerer, bei vergleichsweise schlechter Bezahlung geeignete Kräfte zu finden. Da ist es eine Selbstverständlichkeit, für angemessenere Arbeitsbedingungen zu sorgen. Und dafür darf man werben. Aber warum trägt die Ministerin gleich so dick auf? Die Bundeswehr wolle einer der attraktivsten Arbeitgeber werden und die Besten der jeweiligen Jahrgänge gewinnen. Das ist selbst als PR-Kampagne überzogen. Auf der anderen Seite kennt sich Ursula von der Leyen bestens mit Eigenvermarktung aus. Sie weiß genau, dass sie als erste Frau an der Spitze eines durch und durch männlich geprägten Ressorts ganz andere Duftmarken setzen muss als ihre Vorgänger, von denen allein die drei letzten glücklos blieben. De Maizière wäre fast über das Drohnen-Debakel gestürzt, zu Guttenberg musste wegen seiner gefälschten Doktorarbeit zurücktreten. Jung, vom Verteidigungs- gerade zum Arbeitsminister berufen, wurde wegen der Kundus-Affäre gefeuert. Von der Leyen dürfte auf heftige Attacken aus ganz bestimmten Kreisen des Militärs vorbereitet gewesen sein. Aber bei der Bevölkerung und den "Fußtruppen" sammelt sie mit dieser Personaloffensive erst einmal Sympathiepunkte. Die wird sie auch nötig haben, wenn die Regierung wahrmacht, was von der Leyen gemeinsam mit Bundespräsident Gauck und Außenminister Steinmeier fordert: Das Ende der Zurückhaltung in der deutschen Sicherheitspolitik.

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