Vergleiche

Von der neuen britischen Premierministerin Theresa May erfuhr man zuerst einmal, dass sie eisern sei. Vergleichbar ihrer ersten weiblichen Vorgängerin Margaret Thatcher.

Aber doch irgendwie anders. In ihrem Pragmatismus eher der deutschen Kanzlerin Angela Merkel ähnlich. Ach so? Dann wurde viel über ihre Schuhe geredet. Sie schafften es sogar in die Nachrichtensendungen der öffentlich-rechtlichen Medien. Eine große deutsche Tageszeitung widmete den zweifellos extravaganten Tretern ein Titelfoto. Die elegante Garderobe zum Amtsantritt und Mays insgesamt modisches Erscheinungsbild waren gleichfalls ein ebenso wohlwollend wie ernsthaft vorgetragenes Thema. Erinnert sich noch jemand an die Krawatten von David Cameron? Wer hätte je ein Wort verloren über den Anzugsschnitt männlicher Regierungschefs? Mays Kabinettsumbildung mit dem umstrittenen Brexit-Anführer Boris Johnson als Außenminister - trägt die nun eher eine Merkel'sche oder eine Thatcher' sche Handschrift? Es ist doch eigenartig. Wenn es um Äußerlichkeiten geht, sucht man bei Frauen, besonders bei exponierten, das Individuelle, das Unverwechselbare. Aber im Denken und Gestalten werden geradezu zwanghaft Parallelen zu den (wenigen) anderen mächtigen Frauen konstruiert. Vielleicht hat May viel mehr Schnittmengen mit männlichen Staatenlenkern. Oder vielleicht ist Theresa May ja einfach nur Theresa May, mit eigenem Regierungsstil, eigenen Vorstellungen, eigenem Geschmack, eigenen Methoden und eigenen Schwächen.

Isabell Funk, Chefredakteurin

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