Guten Appetit

Es ist ein Thema, das nicht so recht zu der österlichen Feiertagsstimmung passen mag, aber genau dahin gehört. Jährlich werden allein in Deutschland 40 Millionen männliche Küken gleich nach dem Schlüpfen geschreddert oder vergast, weil sie - logisch - weder Eier legen, noch für die Hühnerfleischproduktion taugen.

Auch das sind Folgen einer immer stärker industrialisierten Lebensmittelproduktion. Und doch ist es nur ein Mosaiksteinchen. Immerhin hat Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt diese Woche angekündigt, das Massentöten bis spätestens 2017 zu verbieten. Denn Produktionsbedingungen oder die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln sind der Gesellschaft durchaus nicht mehr egal - aus ethischen Gründen oder der Gesundheit wegen. Einem gestiegenen Qualitätsbewusstsein trägt auch die seit 1. April geltende Lebensmittelverordnung Rechnung, wonach Hersteller bestimmte Fleischsorten nach dem Land der Aufzucht und der Schlachtung kennzeichnen müssen. Und Bio, ob im Naturkostladen, im Supermarkt oder im Discounter, ist ein riesiger Wachstumsmarkt. Wobei in diesem Segment die Spanne zwischen Mindestanforderung und tatsächlich weitestgehend naturbelassener Kost beziehungsweise artgerechter Tierhaltung gewaltig ist. Aber Bioprodukte sind nicht zugleich auch ökologisch unbedenklich. Eine um die ganze Welt gereiste Frucht beispielsweise mag zwar chemikalienfrei oder -arm produziert worden sein, ihr Transport hingegen belastet das Klima unverhältnismäßig. Laut aktueller Studie der Umweltstiftung WWF sind wir gerade dabei, unseren Planeten leer zu fressen. So drastisch ist die Studie denn auch überschrieben. Die Experten rügen darin vor allem den Ernährungsstil der Industrienationen, also was wir in welchen Mengen essen. So sei der Appetit auf Fleisch, dessen Produktion wegen hohen Flächenverbrauchs und des Ausstoßes klimaschädigender Treibhausgase eine besonders schlechte Ökobilanz aufweist, ungebrochen. Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung. 2050 sollen 9,6 Milliarden Menschen auf der Erde leben, heute sind es 7,2 Milliarden. Da ist es leicht auszurechnen, dass der Kampf um Agrarflächen noch heftiger wird. Allein in Deutschland, so die Autoren, werde mehr gegessen, als das heimische Ackerland hergibt. Wobei das ja noch nicht einmal die ganze Wahrheit ist. Es ist hinlänglich belegt, dass ein großer Teil unseres Essens auf dem Müll landet. Wenn die Forscher daher wie viele andere renommierte Organisationen auch zu einer Umkehr unserer Konsumgewohnheiten hin zu einem ressourcenschonenden Anbau mahnen, sollten wir uns nicht von überbordenden Nahrungsmittelregalen täuschen lassen. Während wir (noch) im Überfluss schwelgen, leidet jeder achte Mensch auf der Welt an Hunger. Nicht nur, aber auch wegen unseres Lebensstils.
Isabell Funk
Chefredakteurin

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