Kurt aus der Kiste

Vielleicht war es ja nur eine dieser Ideen, die Politiker gerne in den nachrichtenärmeren Ferien hinausblasen und die dann ein Gewicht erhalten, das ihnen gar nicht gebührt. Das wäre die freundliche Interpretation.

Auf jeden Fall sorgte diese Woche die Äußerung des rheinland-pfälzischen SPD-Geschäftsführers Daniel Stich, Ex-Ministerpräsident Kurt Beck in den Landtagswahlkampf 2016 mit einspannen zu wollen, nicht nur für Kopfschütteln bei der CDU-Opposition. Obwohl die sich eigentlich ob einer solchen Steilvorlage vor Vergnügen auf die Schenkel klopfen könnte. Die Affäre um die verschwendeten Steuermillionen am Nürburgring klebt wie Pech an den Füßen der Sozialdemokraten. Sie ist die größte, aber nicht die einzige Altlast aus der Ära Beck. Eine Altlast, die immer wieder für neue Schlagzeilen sorgt. Auch wenn jetzt überraschend ein russischer Investor präsentiert wurde, was bei den augenblicklich stark unterkühlten Beziehungen zwischen Russland und dem Westen ja durchaus ein zusätzlicher Knaller ist, wird das Ringdebakel nach den niederschmetternden Rechnungshofberichten, den daraus folgenden weiteren staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und dem hartnäckigen Nachbohren der CDU auch noch im Wahlkampfjahr nicht ausgestanden sein. Das räumt sogar die SPD ein. Da muss doch mit dem Klammersack gepudert sein, wer ausgerechnet jenen zum Wahlkampfhelfer macht, der die politische Hauptverantwortung für das Scheitern der einst so hochfliegenden Pläne trägt. Sollte Stich also nicht nur in gutmütiger Solidarität zu seinem Parteigenossen Beck dahin geplaudert, sondern wohlkalkulierte Botschaften platziert haben, fällt mir nur eine einzige Strategie ein, die dahinter stecken könnte: Beck fängt die Prügel der Opposition für seine dann schon über drei Jahre lang regierende Nachfolgerin Malu Dreyer auf und nimmt ihr damit ein Stück Verantwortung für das schwere Erbe, das er ihr hinterlassen hat, ab. Das allerdings wäre das fatalste aller Signale. Es würde Dreyer zur Malu light degradieren, die Schutz im Schatten ihres Vorgängers sucht. Das kann Malu Dreyer nicht wollen. Das darf sie nicht dulden. Denn damit hätte sie ihre Führungsrolle verwirkt.

Isabell Funk, Chefredakteurin

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