Polit-Karneval

Da sage noch einer, unsere Politiker könnten uns nicht zum Lachen bringen. Es fängt damit an, wie einer vor dem geistigen Auge des geneigten Publikums ein Wahlkampfplakat entwirft, dass es einen krabbeln könnte.

Rote und grüne Maden kriechen aus einer stinkigen Tonne. Es geht weiter damit, dass ein anderer ihn für solch eklige Fantasien in die Nazi-Ecke stellt. Das Ganze trägt sich in der Region Trier zu. Drei weitere Protagonisten - diesmal aus Mainz - schreiben sich daraufhin höflich-empörte Briefe, wer denn nun von den beiden der schlimmere Schlingel sei und pochen jeweils auf Entschuldigung. Aber die zwei Kombattanten denken gar nicht daran. Die von der EU geforderte, vom Bund ans Land und von da wieder an die zuständige obere Landesplanungsbehörde (SGD Nord) delegierte Einsammlung von Biomüll verwandelt sich gerade in eine Posse, die die Sachebene längst verlassen hat. Weil die mechanisch-biologische Abfalltrocknungsanlage Mertesdorf die Mülltrennung eigentlich überflüssig macht, wehrt sich der hiesige Zweckverband Regionale Abfallwirtschaft gegen die Einführung einer Biotonne. Die hat die rot-grüne Landesregierung aber ausnahmslos allen Regionen verordnet, der Region Trier mit ein bisschen Zeitverzug. So viel deutsche Gründlichkeit muss sein. Völlig unlogisch, diese Tonne, sagt der Zweckverband, denn warum solle man von den Bürgern die Trennung von Haus- und Biomüll verlangen, wenn das eine Maschine für sie erledigt, die eigens dafür gebaut und obendrein auch noch mit EU-Geldern gefördert wurde. So sieht das nicht nur der Eifeler CDU-Abgeordnete Michael Billen, der die Idee mit dem Wahlplakat hatte. So sehen das auch die ebenfalls dem Zweckverband angehörenden Vertreter von SPD und Grünen, die Landtagsabgeordneten Ingeborg Sahler-Fesel und Nico Steinbach sowie der Trierer Stadtverordnete Richard Leuckenfeld. Das ist der, der Billen ob dessen rot-grüner Madensymbolik Nazi-Jargon vorwirft. Um die Geschichte noch etwas komplizierter zu machen: Rot-Grün in der Region verbündet sich in der Sache mit der CDU gegen Rot-Grün im Land, zerstreitet sich aber gleichzeitig mit der CDU in Ton- und Stilfragen. Auf die wiederum springen die Parlamentarischen Geschäftsführer aller drei Parteien auf und wechseln Briefe. Gemach, gemach, meldet sich jetzt obendrein der Tierschutzbund und fordert Gerechtigkeit für Maden. Die seien nämlich sehr nützliche Tiere und die Natur wäre womöglich ohne Menschen besser dran als ohne Maden. So gesehen wäre CDU-Mann Billen dann wieder ein Verfechter von Rot-Grün. Unmöglich, sich solche Storys auszudenken. Sie passieren. Mehr Polit-Karneval geht nun wirklich nicht mehr.

Isabell Funk, Chefredakteurin

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort