Ohne Trostpflaster auf die Seilbahn

Was passiert eigentlich mit all den Pflastersteinen, die rings um den Platz an der Lieser aus- und nicht mehr eingebaut wurden? Ich finde, der Stadtmarketingverein sollte jedem Geschäft, das unter Baustellen zu leiden hat, einen als Trostpflaster schenken. Darauf wird schön in Stadtfarben 24,34 gepinselt.

So viel Millionen Euro sollen ja in den vergangen drei Jahren in die Innenstadt geflossen sein. Das Ganze wird schön eingewickelt in Absperrband, passt auch farblich. Und in jeden Leerstand kommt ein Trostpflasterstein. So wird uns allen die positive Entwicklung bewusst. Ich denke, es bleiben ein paar Steinchen übrig. Damit kann was Praktisches gebaut werden. Ich erinnere an Leuchtturm-Projekte: Überdachung der Neustraße, neues Stadttor in der Himmeroder Straße, Schlosstheater, neues Rathaus und so weiter. Alles gescheitert. Nie war genug Baumaterial auf Lager.

Jetzt müssen wir die Gunst der Stunde nutzen: Wir bauen eine Seilbahn vom Pichterberg bis zum Burgtürmchen. Im Türmchen gibt es die Karten für eine Fahrt rauf und runter. Schwupps haben wir dieses Wahrzeichen belebt und schon einen Leerstand weniger! Wer fünf Marken gesammelt hat, darf einmal kostenlos parken, wo er will. Das bringt so viele Kunden, dass gleich drei Läden neu aufmachen. Außerdem ist natürlich eine Baustelle nötig, die per se die Dynamik unserer Stadt symbolisiert, Investoren beeindruckt und - na klar: ein Leerstand weniger! Die Bahn wird die Innenstadt dermaßen beleben, dass über ein zweites öffentliches Klo diskutiert wird, nachdem das in der Feldstraße längst sang- und klanglos im Lieserdomizil verschwunden ist.

Das Ex-Klo war so teuer, da kann die Stadt gleich einen Leerstand kaufen: Wieder einer weniger! Alles Folge der Initialzündung durch die Seilbahn ausgelöst! Hinzu kommt der berüchtigte psychologische Effekt. Die Seilbahn würde allen wie die beliebten Riesenradfahrten an Kirmes ganzjährig einen umwerfenden Blick auf Wittlich ermöglichen. Endlich sagen alle, wie es ist, was man aber nur mit ein bisschen Abstand erkennt: Wittlich ist wunderschön. Am besten fahren als Allererstes alle Ladeninhaber mit, das wird sie beflügeln.

Die Trostpflastersteine dürfen sie nicht mitnehmen. Könnte gefährlich werden. Jetzt zur Weihnachtszeit, könnte man Lichtchen an die Bahn montieren: Wir hätten eine spektakuläre Adventsbeleuchtung, wenn wir schon keinen ordentlichen Weihnachtsmarkt hinkriegen. Ich sehe nur ein Problem. Es wird sich ein Verein zum Schutz außergewöhnlicher Gestalten gründen, der die Interessen des ungefragt bleibenden Pichtermännchens vertritt. Gut! Der macht uns bundesweit bekannt, siehe Hochmoselübergang.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort