Kolumne: Historisch einmalig: Banken bezahlen Kunden fürs Schuldenmachen

Die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) treibt zurzeit seltsame Blüten. So hat jetzt eine Bank in Dänemark für einen Kredit Zinsen an den Schuldner ausgezahlt.

Die Realkredit Danmark hat an eine Kundin ein Darlehen mit drei Jahren Laufzeit für einen Zins von minus 0,0172 Prozent vergeben. Die Frau bekommt für ihre Schulden damit von ihrem Kreditinstitut jeden Monat knapp einen Euro ausgezahlt.

Der Grund für diese in der Geschichte bisher einmalige Situation liegt in der aggressiven Geldpolitik der dänischen Notenbank. Für dänische Kreditinstitute ist es mittlerweile extrem teuer, ihre Reserven bei der Zentralbank anzulegen. Ein Minusdarlehen für Kunden mit guter Bonität ist nach Ansicht der Banken das kleinere Übel, zumal sie zumindest an den Gebühren noch etwas verdienen können. Auch im Euroraum ist dieser Trend angekommen. In Spanien musste die siebtgrößte Bank des Landes, Bankinter, Kunden mit speziellen Immobilienkrediten bereits Zinsen auszahlen. Noch profitieren Kunden in den beiden erwähnten Ländern aber nur in Einzelfällen von diesen Regelungen. Allerdings könnte sich das schon bald ändern. Entsprechende Grundsatzentscheidungen der Notenbanken in Spanien und Portugal sind bereits gefallen.

Können also auch schon bald deutsche Kreditnehmer von Negativzinsen profitieren? Diese Frage lässt sich im Augenblick klar mit Nein beantworten. Auch wenn sich die staatliche Förderbank KfW darauf vorbereitet, Anlagesummen mit negativer Rendite an Banken und Sparkassen weiterzureichen, würde die Weitergabe solcher Kredite an Privatkunden zurzeit an organisatorischen und rechtlichen Fragen scheitern. So können beispielsweise die meisten Computerprogramme bei Privatbanken und Sparkassen keine negativen Kreditzinsen verarbeiten. Unklar wäre auch der Aspekt möglicher Vorfälligkeitsentschädigungen. Bei positiven Zinsen muss der Kunde dabei bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens an die Bank eine Gebühr zahlen. Bei negativen Zinsen wäre eigentlich die kreditvergebende Bank in der Pflicht.

Schon diese beiden Beispiele zeigen, warum keine Bank Interesse an der Vergabe solcher Kredite hat. Negative Zinsen bergen zudem volkswirtschaftlich große Gefahren. Bereits jetzt hat die Flucht in Sachwerte begonnen, in deren Folge sind die Immobilienpreise stark gestiegen. Wenige Jahre nach der letzten Finanzkrise droht damit bereits wieder eine neue Immobilienblase in Europa.

t.zeller@volksfreund.de

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