In der Melancholie zu Hause

Auch wenn sie keine Schlagzeilen produziert wie Anna Netrebko: Edita Gruberova gilt als bedeutendste Opernsängerin der letzten 20 Jahre. In der Luxemburger Philharmonie dokumentierte sie, dass sie auch beim Liedgesang über außerordentliche Fähigkeiten verfügt.

 Edita Grubova. Foto: Philharmonie

Edita Grubova. Foto: Philharmonie

Luxemburg. (DiL) Wenn der Begriff "Diva" überhaupt noch zeitgemäß ist, dann gebührt er Edita Gruberova. Nicht im Sinne von Exaltiertheit und Show, sondern als Ausdruck von Größe und Stil im Umgang mit der Kunst.

Das war auch in der Philharmonie zu jedem Zeitpunkt ihres Liederabends spürbar. Wer sie hört, käme nicht auf Idee, dass die Slowakin ihr Debüt vor mehr als 40 Jahren gab. Immer noch blüht die Stimme wunderbar auf, funktioniert die brillante Gesangstechnik makellos, fließen die Töne in traumhafter Harmonie.

Dass der Liedgesang nicht ihre eigentliche Heimat ist, lassen am ehesten die sechs Mozart-Arietten und Lieder zur Eröffnung ahnen. Die Stimme ist eine Spur zu schwer für Mozarts Spielereien. Aber schon die Reihe mit Schubert-Klassikern wie "Die Forelle", "An Silvia" und "Gretchen am Spinnrade" zeigt eine wunderbare, stimmungsvolle Erzählerin, die vor allem in der Melancholie zu Hause ist.

Gemeinsam mit ihrem Pianisten Stephan Matthias Lademann (der schlicht keine Wünsche offen lässt) und dem Klarinettisten Patrick Messina erweckt sie Schuberts musikalisches Gedicht "Der Hirt auf dem Felsen" zum Leben. Und dann, nach der Pause, verzaubert sie mit Dvoráks "Liebeslieder"-Zyklus, acht Gesängen, die von Einsamkeit, Zweifel, Suche und der Unmöglichkeit der Liebe erzählen. Eine tschechische "Winterreise", getränkt mit tiefster Trauer, wie geschaffen für eine große Tragödin wie die Gruberova. Auch Richard Strauss macht sie sich souverän zu eigen - obwohl man sich da auch eine stärkere Annäherung vonseiten des Wortes her wünschen könnte. Das Publikum erklatscht sich Schuberts "Seligkeit" als Zugabe - aber der Beifall klingt mehr nach Bewunderung und höchstem Respekt als nach Euphorie. Doch dann kommt die letzte Zugabe, Eva dell'Acquas "Villanella" mit ihrer unglaublichen Achterbahnfahrt durch die Welt der Koloraturen. Das Publikum lässt sich von der Stimme mit auf die Reise in fremde Gefilde nehmen - und dann steht der Saal.

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