Auf der Nordschleife wie zu Hause

Frankfurt · Die zehnte Generation des Klassikers Honda Civic muss sich in der Golf- Klasse mit zahlreichen Konkurrenten balgen. Für Anbeter abgefahrener Autos kommt dabei nur ein Objekt infrage: der Civic Type R.

 Vor 25 Jahren kam der erste Honda Civic Type R auf den Markt. In Kürze geht die fünfte, vollständig überarbeitete Generation an den Start. Fotos: Honda

Vor 25 Jahren kam der erste Honda Civic Type R auf den Markt. In Kürze geht die fünfte, vollständig überarbeitete Generation an den Start. Fotos: Honda

 Honda liefert den neuen Civic Type R auch mit einem Heckflügel, der aus Karbon hergestellt ist.

Honda liefert den neuen Civic Type R auch mit einem Heckflügel, der aus Karbon hergestellt ist.

 Der kugelförmige Schalthebel im Type R ist aus einer maschinell bearbeiteten Metalllegierung gefertigt.

Der kugelförmige Schalthebel im Type R ist aus einer maschinell bearbeiteten Metalllegierung gefertigt.

Frankfurt Ist es der Heckflügel oder die dreiflutige Auspuffanlage oder womöglich die Unverfrorenheit, dass in dem japanischen Kracher eine Frau am Steuer sitzt? Tatsache ist, dass der ebenfalls knallrote kompakte Volvo den ordnungsgemäß durchgeführten Spurwechsel seiner Vorderfrau im Type R nicht akzeptieren will und schon in der Stadt, später dann auch auf der Autobahn mit gereckter Faust ein Rennen provozieren möchte.
Klar, der neue Civic Type R ist nichts für Duckmäuser. Nur echte Kerle mit ausgeprägtem Hang zur Selbstdarstellung setzen sich hinters Steuer dieser äußerlich kompromisslos markanten Motorsport-Maschine. Schwer zu sagen, ob das Heck oder die Bugpartie mit einer kaum noch zu übertreffenden Schlund-Grafik den animalischen Instinkt im Manne mehr anspricht. In jedem Fall beeindruckt die gesamte Skulptur - von den inneren Werten ganz abgesehen.
Der 320 PS/235 kW starke Type R rühmt sich, das schnellste Fahrzeug mit der besten Beschleunigung in seiner Klasse zu sein: In 5,7 Sekunden katapultiert er sich aus dem Stand auf Tempo 100 und kann sich dann bis 272 km/h hinaufschrauben. Dies sollte er tunlichst auf abgesperrten Routen beweisen, am besten auf einer Rennstrecke. Dort kann der Wagen auch zeigen, wessen Geistes Kind sein giftiger Plus-R-Fahrmodus ist, der in Sachen Dämpfung, Lenkkraft und Gangwechsel noch eine Schippe mehr als im Programm Sport drauflegt.
Im alltäglichen Verkehr zählen ja ganz andere Dinge, aber, man höre und staune, da kann der Type R problemlos mithalten. Denn neuerdings lässt er sich per Drehknopf in den vergleichsweise angenehm gefederten Comfort-Zustand bringen. "Dies wurde für den Alltag angemahnt", erzählt Korato Yamamoto, technischer Berater bei Honda. "Vor allem die Engländer waren da ganz scharf drauf." Danken werden es ihnen die eingeschworenen Type R-Fans sicher weltweit, wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand. Jedenfalls wird das Modell damit zum alltagstauglichen Gefährt auch jenseits des Nürburgrings. Weiterhin stehen die Fahrmodi "Sport" und "+R" zur Auswahl. In der letztgenannten Einstellung ist der Wagen rennstreckentauglich.
Übrigens ist die Muskelmaschine keineswegs ein nervöses Rennpferd. Wenn man möchte, dann lässt sie sich erstaunlich wohlgefällig im Zaum halten. Man muss sich nur trauen. Nach unserer ausgiebigen Straßenrunde zeigte der Bordcomputer einen Verbrauch von 9,8 Litern Super an, gut zwei Liter mehr als der genannte Normwert.
Alltagsqualitäten hat der R zudem im Fond, wo die Insassen mit genügend Knie- und Kopffreiheit kommod sitzen. Im Gepäckraum passen 414 Liter unter die Abdeckung, eine ganz normale Transportkapazität. Bei Bedarf lässt sich das Gepäckabteil auf 1209 Liter Volumen vergrößern.
Fazit nach einem Type-R-Tag samt Höllenritt: ein klasse Fahrwerk, knackig-präzise zu wechselnde sechs Gänge, eine direkt ansprechende Lenkung und punktgenau arbeitende Bremsen. Das Auto liegt jederzeit ungerührt auf der Straße, solange physikalische Grenzen, Verkehrslage und eigenes Können richtig eingeschätzt werden.
Zwei kleine Kritikpunkte haben wir noch. Ein bisschen lasch ist das Motorgeräusch. Da ließe sich mehr tun, um ihn für die Hörgenießer in Szene zu setzen, ohne dabei Wald-, Wiesen- und Stadtbewohner zu verschrecken. Und: Völlig indiskutabel ist die Hupe, die nur ein klägliches Mig, Mig zustande bringt.
Der Honda Type R - immerhin schon in fünfter Generation - steht ab September ab 36 050 Euro bei den Händlern, natürlich etwas länger, tiefer und breiter als der direkte Vorfahre. Wer noch ein Kaufargument sucht: Für die Nürburgring-Nordschleife benötigt der frontgetriebene Kurvenjäger sieben Minuten und 43,8 Sekunden und kommt damit sieben Sekunden früher an als sein Vorgänger. Genug Zeit, um sich unbemerkt den Schweiß von der Stirn zu wischen.

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