Mit dem Wüstenschiff auf Weltreise

Frankfurt · Nach mehr als 15 Jahren Pause hat Honda seine legendäre Enduro auferstehen lassen. Die CRF 1000 L Africa Twin ist dem japanischen Hersteller gelungen.

Mit dem Wüstenschiff auf Weltreise
Foto: (g_motor
 Die neue CRF 1000 L Africa Twin von Honda (oben) und der Spanier Joan Barreda auf einem Exemplar des Modelljahrgangs 2016 bei der Rallye Dakar (kleines Bild). Fotos (2): Honda

Die neue CRF 1000 L Africa Twin von Honda (oben) und der Spanier Joan Barreda auf einem Exemplar des Modelljahrgangs 2016 bei der Rallye Dakar (kleines Bild). Fotos (2): Honda

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Frankfurt Die neue CRF 1000 L Africa Twin - es lässt sich nicht anders sagen - ist ein voller Erfolg. 2016 war sie Hondas meist verkauftes Motorrad überhaupt. Wer die Africa Twin fährt - die Neu auflage der einstigen Welt reise-Ikone -, kommt schnell zur Überzeugung: Dieser Anfangs erfolg könnte noch lange an halten. 95 PS/70 kW aus einem effizienten und kraftvollen Reihenzweizylinder sind offenbar Leistung genug für die vollgetankt 228 Kilogramm schwere Maschine. Die Geländegängigkeit der neuen Africa Twin reicht auch für Globetrotter aus.
Gestartet war die Africa Twin 1988 zunächst als XRV 650 mit nur 50 PS/37 kW und V2-Motor. Von 1990 bis 2000 hat sie sich mit dem gleichen Motorkonzept, aber als 750er, zur wahren Reise-Ikone für Motorradabenteuer gemausert. Siege bei der damaligen Rallye Paris-Dakar sowie der Nimbus der Unzerstörbarkeit haben den Ruf der Africa Twin als ideales Welt reise-Bike untermauert.
Über 15 Jahre nach ihrem zwischenzeitlichen Aus ist sie nun als neues Modell CRF 1000 L Africa Twin auferstanden. Mit relativ bescheidenen 95 PS/70 kW aus nur einem Liter Hubraum soll sie den großen Reise-Enduros von BMW oder KTM Konkurrenz machen. Zum Entsetzen mancher Fans hat Honda auf den typischen V2-Motor der alten Modelle verzichtet. Trotzdem tönt der Neue im vertrauten, unregelmäßigen V2-Rhythmus, denn die Hub zapfen sind um 270 Grad versetzt. Seine ausreichende Kraft ent wickelt der Reihenzweizylinder stets gleichmäßig und gut beherrschbar. Das ist besonders im Gelände ein großer Vorteil gegenüber plötzlichen Leistungsausbrüchen.
Für reichlich Laufkultur sorgen zwei Ausgleichswellen. Höchstens auf der Autobahn-Langstrecke - also auf dem Weg ins eigentliche Abenteuer - wären ein paar Pferdestärken und Newtonmeter mehr wünschenswert. Doch ein klassischer Kilometerfresser war die Africa Twin noch nie.
Wichtiger hingegen ist, dass die neue CRF 1000 L Africa Twin 41 Kilogramm leichter ist als die Rivalin R 1200 GS Adventure von BMW. Selbst im Vergleich zur KTM 1290 Super Adventure hat sie 27 Kilogramm weniger Speck auf den Hüften. Der Zweizylinder ist sehr kompakt und bringt somit zusätzliche Bodenfreiheit. Damit und mit ihrem riesigen 21-Zoll-Vorderrad ist sie besser als die Konkurrenz für hartes Gelände gewappnet, wo sich auch ein extrem kleiner Wendekreis positiv bemerkbar macht.
Hondas Triebwerk ist vor allem stark in Durchzugskraft und Beherrschbarkeit, weniger in der Spitzenleistung. Und er ist genügsam: Unser Testverbrauch pendelte sich bei 4,2 Litern für 100 Kilometer ein, was trotz des nur 18,8 Liter fassenden Tanks fast 450 Kilometer Reichweite ergibt.
In Fahrt fühlt man sich auf der betont schmalen Reise-Enduro auch in schnellen Wechselkurven wohl. Das ist auf Asphalt umso erstaunlicher, da die Africa Twin fürs Gelände relativ viel Federweg bietet (230 Millimeter vorn, 220 hinten). Erst nahe am Grenz bereich muss man die hoch beinige Reiseenduro mit Nachdruck in Schräglage bringen. Hier macht sich wohl das Aufstell moment des großen Vorderrads bemerkbar. Aber insgesamt ist das voll einstellbare Fahrwerk gut abgestimmt. Alles liegt gut in der Hand und fühlt sich geschmeidig an. Die Honda protzt in keiner Hinsicht und erweist sich als leicht beherrschbarer Begleiter für alle Situationen, in die ein Globetrotter so kommen kann.
Als wirklich störend hat sich bei unseren Testfahrten neben dem geringen Leistungsmanko nur eine weitere Kleinigkeit erwiesen: Ein deutlich hörbares Knarren zwischen Sitzbank und Tank. Fans der Africa Twin werden aber damit irgendwie zurecht kommen.
Alles in allem fühlt sich Hondas neue Africa Twin souverän an auf Asphalt und vor allem im Gelände. Hier wie dort ist sie kein Extremist. Offenbar ging es dem japanischen Motorrad- und Autohersteller bei seiner Entwicklung in erster Linie um Allround-Qualitäten.

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